Stammzellforschung Fett oder Knochen?

Training stärkt die Skelettstruktur, denn es regt die Produktion von Knochenzellen an. US-Forscher fanden heraus, dass Stammzellen unter Druck Knochen bilden.

Stammzellen gleichen einem unbeschriebenen Blatt Papier. Sie können sich zu Blut, Organen, Fett, Knorpel, Muskeln oder Knochen entwickeln. Doch was ist ausschlaggebend für ihr späteres Schicksal? Amerikanische Forscher haben herausgefunden, dass mechanische Spannung eine Rolle spielt. Dehnung kann entscheidend dafür sein, ob Stammzellen zu Fett oder zu Knochen werden. Nach Meinung von Experten beantwortet dies die Frage, wieso Training die Skelettstruktur stärkt.

Ein Forscherteam unter Leitung von Christopher Chen von der John Hopkins Universität in Baltimore untersuchte Stammzellen aus dem Knochenmark. Diese können Fett, Knorpel, Muskeln und Knochen bilden. Für ihre Untersuchung applizierten die Wissenschaftler einzelne Stammzellen auf einen Nährboden in verschieden großen Petri-Schalen. In der Ersten hatten die Stammzellen ausreichend Platz, um sich auszudehnen. Die Zweite engte sie hingegen ein.

Knochen bei viel Platz

Die Zellen mit mehr Platz entwickelten sich zu Knochenzellen, die eingeengten Stammzellen jedoch zu Fett. Außerdem injizierten die Wissenschaftler das Gen RhoA in einige Zellen und zwangen sie auf diese Weise, sich künstlich zusammenzuziehen. Auch aus diesen Zellen wurden Knochen.

Forschungsleiter Chen folgert aus den Untersuchungen, dass Gehen und Joggen die Skelettstruktur stärkt. Training setze die Stammzellen im Knochenmark unter Druck und rege so die Produktion von Knochenzellen an, spekuliert er. Für Zellbiologen sind diese Erkenntnisse nicht unbedingt neu. Schon länger ist bekannt, dass Spannung beeinflusst, ob eine Zelle stirbt, sich teilt oder zu einem anderen Zelltypus wandelt. Neu sind allerdings Experimente an Stammzelltypen, die verschiedene Gewebearten produzieren können.

Ersatzteillager für den Körper

Mediziner interessieren sich dabei besonders für die Möglichkeit, aus Stammzellen Ersatz für geschädigte Körperteile zu züchten. Deswegen forschen Wissenschaftler zurzeit nach den Molekülen, die Stammzellen dazu bringen, Muskeln statt Blut herzustellen. Das Gen RhoA könnte für eines dieser Moleküle kodieren. Aber um neue Knochen oder Sehnen zu bilden, brauchen Stammzellen außerdem die richtige Position und Orientierung, sagt Zellbiologe Donald Ingber von der Harvard Medical School in Boston. "In dem Prozess wirken Mechanik und Chemie mit".

Viele medizinische Behandlungen wirken jetzt schon, indem sie die Stammzellen unter Spannung setzen. Ingber nennt als Bespiel das physische Training bei einer Zerrung oder die Züchtung transplantationsfähigen Materials. "Diese Ideen gibt es schon seit Jahren, aber erst kürzlich sind sie in Mode gekommen", sagt Ingber.

PRODUKTE & TIPPS