Studie Schadstoffbelastung: Karte zeigt weltweite Verunreinigung der Meere durch Abwässer

Täglich gelangen Schadstoffe in den Ozean
Mit einer Karte haben die Forscher die Giftstoffbelastung der Ozeane visualisiert.
© Tuholske et al., 2021/"Plos One"
Nicht nur Plastikmüll gefährdet die Weltmeere. Auch Abwasser bedroht die Lebensräume der Meeresbewohner und die Gesundheit der Weltbevölkerung. Forscher haben die Schadstoffbelastung des Ozeans nun untersucht. Eine Karte zeigt ihre Ergebnisse.

Auf den ersten Blick könnte man die Darstellung noch als hübsch bezeichnen. Auf den zweiten Blick erinnern die schimmernden Umrandungen entlang der Kontinente und die leuchtenden Pünktchen an das, was sie eigentlich sind: giftige Substanzen in den Küstenregionen. Schadstoffe gelangen täglich zuhauf in die Weltmeere. Zu den Verursachern gehören nicht nur große Dampfer und Kreuzfahrtschiffe. Das Umweltbundesamt unterscheidet zwischen diffusen Quellen, zu denen Haushalte und die Landwirtschaft zählen. Zu den sogenannten Punktquellen zählen große Industrieanlagen – selbst wenn diese nicht direkt am Meer liegen. Über Flüsse gelangen die Abwasser auch über weite Strecken hinweg ins Meer.

Wie viel Schadstoffe in die Ozeane gelangen und welche Staaten besonders stark zu ihrer Verunreinigung beitragen, haben Forscher um den kanadischen Geografen Cascade Tuholske untersucht und mithilfe einer Karte visualisiert. "Abwässer beinhalten oft Krankheitserreger und Stickstoffe. Das ist sowohl für die Gesundheit der Menschen als auch das ökologische Gleichgewicht ein Risiko", schreiben die Forscher im Fachblatt "Plos One". Die Belastung durch die einzelnen Länder ist regional unterschiedlich. Wie die Forscher herausfanden, sind 25 aller Wassereinzugsgebiete weltweit für 46 Prozent der Stickstoffbelastung der ozeanischen Ökosysteme verantwortlich.

Für ihre Studie haben die Forscher die Schadstoffbelastung von 130.000 Gewässern weltweit durch Stickstoff und Krankheitserreger untersucht. Als Grundlage für ihre Untersuchung dienten bereits veröffentlichte Studien der UNO. Mithilfe der Bevölkerungszahlen und Essgewohnheiten errechneten die Forscher einen Durchschnittswert an Schadstoffen, den die Bewohner eines Landes über das Abwasser in die Meere abgeben. Mithilfe einer Modellberechnung gelang es den Forscher so auf einen Kilometer genau zu bestimmen, wie viel Abwasser eine Region erzeugt.

Stickstoff zerstört ozeanische Lebensräume

Die vorderen Ränge auf der Liste der Umweltsünder belegen der Studie zufolge China und Indien. Allein über den chinesischen Fluss Jangtse gelangen etwa elf Prozent des weltweiten Stickstoffs aus Abwässern ins Meer. Das sind 682.000 von 6,2 Millionen Tonnen der für die Umwelt besonders problematischen Substanz. In Europa sind Deutschland und Italien Spitzenreiter. Im Vergleich zu China fällt das Übel allerdings gering aus. Der Studie zufolge sind beide Länder für ein Zehntel der Stickstoffemissionen von China verantwortlich.

Stickstoffverbindungen sind ein natürlicher Bestandteil der Umwelt. Kommt es allerdings zu einer Überlastung, etwa durch die Industrie, den Verkehr oder die Landwirtschaft, wo Stickstoff als Düngemittel eingesetzt wird, gerät das Ökosystem aus dem Gleichgewicht. Kommt es zu einer Überversorgung mit Nährstoffen, regt das in den Meeren das Algenwachstum an. Das wiederum entzieht dem Ökosystem den Sauerstoff, den andere Lebewesen zum Überleben brauchen. Die Folge: Fische sterben aus oder werden aus ihrem Lebensraum verdrängt. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung.

Frühere Studien hatten nahegelegt, dass die Stickstoffzufuhr in Afrika und Südamerika eher gering ausfällt. Diese Annahme haben die Forscher in ihrer aktuellen Studie widerlegt. Den Berechnungen zufolge übersteigen die Abwässer aus Afrika und Südamerika sogar jene in Europa und Asien.

Auch Krankheitserreger gelangen in die Meere

Neben dem Stickstoffgehalt spielt auch die Zufuhr von Abwässern eine Rolle. Durch Fäkalien gelangen Krankheitserreger in die Meere. Diese schädigen nicht nur das Ökosystem mit seinen Pflanzen und Tieren, sondern bedroht auch die Menschen. Bei ihrer Untersuchung stellten die Forscher fest, dass auf jedem Kontinent davon betroffen ist. Den größten Beitrag leisten aber auch hier Regionen in Süd- und Ost-Asien mit einer hohen Bevölkerungsdichte. Allerdings sei China im Vergleich zu anderen Ländern im Vorteil. Hier wird zumindest die Hälfte der Abwasser gefiltert, bevor sie in die Flüsse geleitet werden. In Indien, Äthiopien oder Nigeria ist das nicht der Fall. Dort wird das verschmutzte Abwasser fast immer direkt in die Flüsse geleitet.

"Die Bekämpfung der Abwasserbelastung könnte die Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme gegenüber weiteren Stressfaktoren mindern", schreiben die Forscher. Eine gute Lösung zu finden sei jedoch problematisch. Kläranlagen könnten zwar verhindern, dass Krankheitserreger in die Meere gelangen. Um den Stickstoffgehalt zu reduzieren, bräuchte es aber ein ausgeklügeltes Filtersystem. "Abwasser kontaminiert mit Krankheitserregern und Stickstoff, die in Küstenregionen gelangen, stellen ozeanische Ökosysteme, die Gesundheit der Bevölkerung und die Weltwirtschaft gegenwärtig vor große Herausforderungen", resümieren die Forscher. Deshalb sei es umso wichtiger, dieses Problem zu lösen.

PRODUKTE & TIPPS

Kaufkosmos