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US-Kriegsschiff Das Schiff, das fliegen konnte: Die USS Plainview wurde vom Technik-Wunder zum Problemfall

USS Plainview
Die USS Plainview war zu ihrer Zeit das größte Schiff seiner Art
© ZUMA/Keystone / Imago Images
Die USS Plainview war als faszinierendes Projekt der US Navy gestartet: ein Schiff, das sich mit Tragflächen aus dem Wasser erheben konnte. Doch der Plan ging so nie auf.

Ein Schiff, das fliegen kann – für Laien klingt das schwer vorstellbar. Tragflügelboote, sogenannte Hydrofoils, sind aber genau dafür konstruiert. Eines der spektakulärsten Exemplare dieser Kategorie war die USS Plainview,. Die US Navy steckte in den 1960ern viel Geld und große Hoffnungen in dieses Schiff – und wurde letztendlich doch enttäuscht.

1965 ging die Plainview vom Stapel, ein Schiff, wie man es bis dahin noch nicht gesehen hatte. 67 Meter lang, ausgestattet mit zwei Gasturbinentriebwerken sowie zwei Dieselmotoren. Und, natürlich: Es konnte fliegen. Bei erhöhter Geschwindigkeit hoben zwei Tragflügel das Schiff aus dem Wasser, bis es über der Oberfläche schwebte. Dadurch erhöhte sich die Geschwindigkeit noch einmal: Die Plainview erreichte so bis zu 74 Kilometer pro Stunde.

Wettrüsten zwischen den USA und der Sowjetunion

Ihr Bau war der neueste Akt im Wettrüsten zwischen den USA und der Sowjetunion im Kalten Krieg. Die Amerikaner fürchteten die neuen Atom-U-Boots der Sowjets, die sowohl Rekordgeschwindigkeiten als auch -tiefen erreichten. Die westliche Großmacht brauchte so schnell wie mögliche Schiffe, die mit noch größeren Geschwindigkeiten auf den Weltmeeren unterwegs sein konnten. Das ließ sich der Kongress auch einiges kosten: Insgesamt 21 Millionen US-Dollar gaben die Vereinigten Staaten für das neue Schiff aus.

Die Technologie war zwar nicht neu, wurde von der Navy bis dahin aber noch nicht genutzt. Tragflügelboote galten als zu instabil für Einsätze auf der rauen See der Ozeane. Erst in den Sechzigern war die Technik so weit fortgeschritten, dass die Schiffe auch bei stärkerem Seegang eingesetzt werden konnten. Und im Wettrüsten mit den Sowjets musste jede Möglichkeit ausprobiert werden, um im Falle einer Eskalation des Kalten Krieges einen Vorsprung zu haben.

Grenzgänger zwischen See- und Luftfahrt

Zu Wasser lief das Schiff auf zwei herkömmlichen Dieselmotoren. Kamen jedoch die Tragflügel zum Einsatz, operierte es mit hochleistungsfähigen Gasturbinentriebwerken, die auch in Kampfjets eingesetzt wurden und eine Leistung von 10.440 Kilowatt besaßen. Die Plainview galt bei ihrem Stapellauf als "Wunder der Technik". Dennoch dauerte es weitere vier Jahre, bis es wirklich einsatzfähig war. Der Grenzgänger zwischen See- und Luftfahrt, benannt nach zwei Städten in den Bundesstaaten New York und Texas, wurde nach umfangreichen Tests und einigen technischen Problemen am 3. September 1969 in Dienst gestellt. 

Doch die großen Erwartungen konnte die Plainview nie erfüllen. Die Konstruktionen der Dienstleister erwiesen sich als anfällig, die Kosten verdoppelten sich gegenüber der ursprünglichen Kalkulation. Eine Generalüberholung war notwendig, die weitere Jahre in Anspruch nahm. Bei der US Navy wuchs die Skepsis: Nicht nur wegen der Kosten und der Verzögerungen, sondern auch, weil einige die Sinnhaftigkeit der Tragflügelboote anzweifelten. Sie waren nicht so robust und kosteneffizient wie herkömmliche Kriegsschiffe. Zudem waren sie vergleichsweise schwierig zu bedienen.

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Einstige USS Plainview rostet vor sich hin

Schon bald wandten sich die Vereinigten Staaten wieder anderen Alternativen im Kampf gegen die Atom-U-Boote der Sowjetunion zu. Von der Begeisterung für die einst so faszinierenden Hydrofoils war nur noch wenig übrig, das Projekt der Tragflügelboote im militärischen Einsatz wurde nicht nennenswert weiterverfolgt. Schließlich stampfte der Kongress das Budget komplett ein.

1978 wurde die Plainview wieder außer Dienst gestellt. Insgesamt war sie nur 268 Stunden lang im Flugeinsatz gewesen, ihre anfangs so hoch gelobten Möglichkeiten konnte sie nie in Gänze beweisen. Der Rumpf wurde ein Jahr später für 128.000 US-Dollar an einen General verkauft. Mittlerweile ist aus "Schiff, das fliegen konnte" ein Problemfall geworden: Die Überreste liegen an einer Brücke in Oregon, an der Mündung des Columbia River bracht, und rosten vor sich hin. Vor einigen Jahren warnten die Behörden davor, die einstige USS Plainview könne mit ihrem Öl und dem rostigen Metall das lokale Ökosystem verschmutzen oder gar vergiften.

Quellen: Mustard / Hydrofoil Pioneers / Auto Evolution

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