Drei Monate Nahverkehr für 9 Euro: für Kanzler Olaf Scholz "Erfolgsmodell", für Finanzminister Christian Lindner "Gratismentalität", für viele Bürger ein Segen. Wie es mit dem 9-Euro-Ticket weitergehen sollte, wollten die Verkehrsminister und Verkehrsministerinnen der Länder eigentlich am Freitag besprechen. Der Tagesordnungspunkt sei nun allerdings kurzfristig gestrichen worden, sagen zwei Teilnehmer dem stern.
"Ich gehe davon aus, dass die Verkehrsminister morgen nicht über zukünftige Entlastungen bei der Mobilität beraten werden", sagte Dr. Lydia Hüskens, Verkehrsministerin von Sachsen-Anhalt, dem stern. Der Punkt "9-Euro-Ticket" sei von der Tagesordnung gestrichen worden. Sie habe noch keine Erklärung, warum der Punkt gestrichen worden sei.
Konferenz: Streichung des 9-Euro-Tickets wegen Druck der Länder?
Bernd Althusmann (CDU), Verkehrsminister des Landes Niedersachsen, bestätigt die Amtskollegin. "Der offizielle Ordnungspunkt '9-Euro-Ticket" ist abgesetzt worden", sagte er dem stern. Der Punkt finde sich zwar nach wie vor am Ende der Agenda. Die Konferenz sei aber auf eine Stunde begrenzt und Althusmann vermutet, dass eine intensive Diskussion über eine Fortsetzung deshalb nahezu unmöglich sei. Der Grund für die Streichung? Es sei Druck gemacht worden von Bundesländern, die gegen die Fortsetzung des Tickets sind, so der niedersächsische Verkehrsminister.
Besprochen werde am Freitag deshalb, wie die Verkehrsbetriebe bei den hohen Energiepreisen unterstütz werden können. "Der Bund muss mehr Regionalisierungsmittel für die Länder freimachen", so Althusmann. Die bisherigen Zahlungen reichten nicht aus, um einen wirkungsvollen Schutzschirm über den ÖPNV zu spannen.
"Es wird überhaupt keine dieser sogenannten Flatrate-Varianten geben", so Hüskens. "Wir kehren im September tatsächlich wieder in die normale Tarifstruktur zurück."
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Hüskens will bessere ÖPNV-Verbindungen auf dem Land
Hüskens hätte sich ohnehin nicht für eine Fortführung des Tickets ausgesprochen. "Die Mittel für das 9-Euro-Ticket würden an wichtigen Stellen fehlen: Das ÖPNV-Angebot auf dem Land ist unzureichend. Eine Fortführung würde eine bessere Nahverkehrs-Infrastruktur für zwei Drittel der deutschen Bevölkerung verhindern. Das halte ich nicht für fair." Es bräuchte vor allem mehr Verbindungen. Hüskens ist ebenfalls gegen die Abschaffung des Dienstwagenprivilegs, der Pendlerpauschale und der Dieselsubvention. Die FDP-Politikerin verwies auf die Klausur des Bundeskabinetts am Samstag, wo neue Entlastungen besprochen werden sollen.
Langfristig müsse mehr für den ÖPNV getan werden, um ihn attraktiver für die Bevölkerung zu machen. Dass aktuell etwa 38 Millionen Bürger das 9-Euro-Ticket gekauft haben, unterstreiche die Notwendigkeit, den ÖPNV neu zu denken.
Sowohl Hüskens als auch Althusmann sagten dem Stern, dass die Meinungen zur Fortsetzung des 9-Euro-Tickets sehr gemischt gewesen seien. Einig sei man sich wohl dabei, dass die Verkehrswende kommen müsse – die Umsetzungspläne gingen aber weit auseinander.