Flucht aus der Downing Street Medienberichten zufolge kündigt nun der fünfte Berater von Boris Johnson

Hochrangige Berater verlassen Großbritannien Premier Boris Johnson
Time to say goodbye? Boris Johnsons Unterstützerkreis wird immer kleiner.
© Kirsty O'connor / PA Wire / DPA
Um den britischen Premier Boris Johnson wird es einsam. Eine seiner treuesten Unterstützerinnen hat gekündigt – und damit vermutlich einen Exodus in der Downing Street ausgelöst. Drei weitere Berater warfen ebenfalls hin. Jetzt folgt der Nächste.

Erst hatte Boris Johnsons engste Beraterin Munira Mirza gekündigt. Am Donnerstagabend teilte Downing Street mit, dass auch Stabschef Dan Rosenfield und Johnsons privater Sekretär Martin Reynolds ihre Kündigung eingereicht hätten und diese akzeptiert worden sei. Beide arbeiten noch weiter, bis es Nachfolger für sie gibt. Zuvor hatte Kommunikationschef Jack Doyle gekündigt, wie der "Spectator" und die "Daily Mail" enthüllten.

Und das Drama um den britischen Premier nimmt kein Ende. Einem Bericht zufolge verliert er nun eine weitere enge Mitarbeiterin. Die Beraterin Elena Narozanski – zuständig für Frauenpolitik, Kulturpolitik und Extremismus – habe gekündigt, berichtete der gut vernetzte konservative Blog "Conservative Home" am Freitag in London.

Johnson-Anhänger in seiner Konservativen Partei und Regierungsmitglieder betonten, die Rücktritte zeigten, dass der Regierungschef den versprochenen Kulturwandel umsetze. "Nun übernimmt der Premierminister das Kommando", sagte Energie-Staatssekretär Greg Hands dem Sender Sky News. In einem Untersuchungsbericht zur "Partygate"-Affäre um Feiern in der Downing Street während des Corona-Lockdowns war von Führungsversagen die Rede. Die Polizei ermittelt. Johnson steht erheblich unter Druck.

Die Rücktritte lassen die Saga rund um einen Regierungssitz im Chaos nicht abreißen. Entscheidend ist jedoch, wie viele Abgeordnete der konservativen Tory-Partei Johnson bereits ihr Misstrauen ausgesprochen haben – und wie viele es noch tun werden.

"Es ist nicht zu spät für Sie, aber (...) es ist zu spät für mich"

Insbesondere der Rücktritt seiner Vertrauten Mirza trifft den Premier nach Ansicht von Kommentatoren hart. Ihren Schritt begründete sie mit persönlichen Attacken Johnsons auf Oppositionsführer Keir Starmer. Am Donnerstagabend distanzierte sich auch Finanzminister Rishi Sunak von der Kritik an Starmer. Mit dem Abgeordneten Huw Merriman zog am Freitag ein weiterer prominenter Tory nach. Johnson hatte sich einer in rechten Kreisen verbreiteten Verschwörungstheorie gegen Starmer bedient.

Mirza drückte ihre Enttäuschung darüber aus, dass Johnson sich dafür zwar erklärt, aber nicht entschuldigt hatte – und forderte ihn auf, dies noch zu tun. "Es ist nicht zu spät für Sie, aber, es tut mir leid das zu sagen, es ist zu spät für mich", schrieb sie in einem dramatischen Abschiedsbrief.

Boris Johnson kündigt Reformen an

Dem Portal "Politico" zufolge soll der überraschende Abgang von Mirza, die 14 Jahre für Johnson gearbeitet hat und bislang als eine seiner treuesten Unterstützerinnen galt, das Karussell in Gang gesetzt haben. Unklar ist bislang, wie freiwillig die weiteren Rücktritte waren. In seiner Reaktion auf die offizielle Untersuchung hatte Johnson eine weitreichende Reform des britischen Amtssitzes angekündigt. So sollten etwa Zuständigkeiten klarer zugewiesen und ein neuer Koordinierungsposten geschaffen werden. Über personelle Konsequenzen wurde dabei zunächst nichts bekannt.

Während der Corona-Lockdowns haben in der Downing Street Berichten zufolge immer wieder Partys stattgefunden, bei denen Corona-Regeln gebrochen wurden und bei denen Johnson teilweise auch selbst dabei gewesen sein soll. Ein Untersuchungsbericht wirft den Verantwortlichen Führungsversagen und Regelbrüche vor, außerdem ermittelt die Polizei. Einige Abgeordnete seiner eigenen Partei haben Johnson bereits schriftlich ihre Unterstützung entzogen. Der BBC zufolge sollen bereits 17 Briefe bei dem zuständigen Komitee eingegangen sein, bei 54 käme es zu einem Misstrauensvotum.

DPA
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