Bolivien Neuer Präsident stellt Kabinett vor

Nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen der letzten Wochen, die bis zu 80 Tote gefordert haben, ist in Bolivien wieder Ruhe eingekehrt. Der neue Staatspräsident Carlos Mesa stellte jetzt sein neues Kabinett aus parteiunabhängigen Experten vor.

Der 50 Jahre alte Carlos Mesa war zum neuen Staatspräsidenten ernannt worden, nachdem sein Vorgänger Gonzalo Sànchez de Lozada am Freitag nach wochenlangen Unruhen zurückgetreten und in die USA geflogen war. Mesa, ein in weiten Teilen der Gesellschaft respektierter Journalist und Medienunternehmer, hatte der Bevölkerung in seiner Antrittsrede Neuwahlen versprochen. Außerdem kündigte er die Bildung einer verfassungsgebenden Versammlung, die Revision umstrittener Kraftstoffgesetze sowie eine Untersuchung der blutigen Unruhen mit bis zu 80 Toten an.

Ein indianisches Ministerium

Am Sonntagabend hat Mesa in La Paz sein Kabinett vorgestellt. Die 15-köpfige Regierungsmannschaft besteht größtenteils aus parteiunabhängigen Experten. Neu geschaffen wurden die Ministerien für indianische Angelegenheiten und für die Beteiligung des Volkes an der Politik. Außerdem wurde ein Anti-Korruptionsbeauftragter des Präsidenten berufen.

Justo Seoane wird Minister für indianische Angelegenheiten. Juan Siles del Valle wird Außenminister und Gonzalo Arredondo Verteidigungsminister. Mesa ernannte Javier Cuevas zum Landwirtschaftsminister. Guadalupe Cajías wurde zum Anti- Korruptionsbeauftragten ernannt. Der Regierung gehören entgegen ersten Ankündigungen doch Parteienvertreter an. Mesa sagte, obwohl er ein Kabinett ohne Parteienvertreter bevorzugt hatte, habe er eingesehen, dass die Parteien "für die Demokratie notwendig" seien. Zugleich rief er die Parteien auf, in der derzeitigen Krise ihre Ziele zu überdenken.

Ruhe in La Paz

In La Paz herrschte am Sonntag Ruhe. Zehntausende Indios, vor allem Minenarbeiter und Koka-Bauer, die zu den Protesten aus dem Hinterland nach La Paz marschiert waren, zogen am Wochenende wieder ab. Auch die Panzer und Soldaten kehrten in die Kasernen zurück.

Die Oppositionsführer versprachen Mesa unterdessen ihre Unterstützung. Diese sei aber nicht bedingungslos, meinte der Abgeordnete und Koka-Bauern-Chef Evo Morales. Wenn die Versprechen nicht eingehalten würden, werde es neue Proteste geben, warnte er. Das erste Ziel, der Rücktritt des "Schlächters" Lozada, sei erreicht worden. Bauernführer Felipe Quispe bezeichnete Mesa als "Diener der Gringos" und sagte voraus, dass er ebenfalls stürzen werde. Auch Quispe warnte vor neuen Indio-Aufständen.

DPA