"Brexit-Deal? Welcher Brexit-Deal?!" Das ist man am Tag danach versucht zu fragen. Nachdem die britische Premierministerin Theresa May vor ihrem Amtssitz in London am Mittwochabend eine Zustimmung zum Vertragsentwurf "nach einer emotionalen Debatte" verkündet hatte, sind am Donnerstag schon der Brexit-Minister und zwei Staatssekretäre zurückgetreten. Und die Nächste folgte - wenig überraschend - sogleich: Arbeitsministerin Esther McVey. Die überzeugte Brexit-Befürworterin soll während der Diskussion im Kabinett sogar in Tränen ausgebrochen sein.
Wie britische Medien übereinstimmend berichten, ging es während der Brexit-Beratungen mächtig zur Sache. Ministerin McVey schlug nach intensiver Diskussion eine Abstimmung über den Vertragsentwurf mit der EU vor, "um zu sehen, wo jeder steht." Dabei soll die Ministerin derart aggressiv und emotional gegen den Deal mit der EU argumentiert haben, dass es zu einem handfesten Krach zwischen McVey und May kam, wie der "Telegraph" unter Bezug auf einen "Insider" berichtet. McVeys Vorschlag wurde abgelehnt, der Oberste Beamte Mark Sedwill und Whip Julian Smith, eine Art Einpeitscher der Torries-Fraktion, sollen die Ministerin regelrecht niedergebrüllt haben, heißt es.

Brexit löst massive Regierungskrise aus
Wie derbe es bei der Sitzung zugegangen sein muss, belegt die Austrittswelle am Tag danach nur zu deutlich. Zudem kündigten 48 Abgeordnete bereits an, ein Misstrauensvotum gegen Premierministerin Theresa May anstrengen zu wollen. Die britische Regierung steckt in einer massiven Krise.
Wie Bloomberg berichtet, war Ministerin McVey nicht die einzige, die während der ruppigen Debatte im Kabinett in Tränen ausbrach. Auch die Chefin des Unterhauses, Andrea Leadsom, konnte in der aggressiven Atmosphäre ihre Tränen nicht zurückhalten, wie die Agentur Bloomberg berichtete. Nach Einschätzung politischer Beobachter wird auch ihr Rücktritt erwartet. Dass sie es bisher nicht getan hat, ist an diesem Krisentag in London fast schon eine gute Nachricht.