Ungeachtet des heftigen Widerstands aus den USA und aus Israel hat die UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) Palästina als Vollmitglied aufgenommen. In der Generalkonferenz in Paris votierten am Montagmittag 107 Mitgliedstaaten dafür. 14 Länder stimmten dagegen, darunter auch Deutschland. 53 Staaten enthielten sich. Damit die Mitgliedschaft wirksam wird, müssen die Palästinenser die Unesco-Verfassung ratifizieren.
Der Unesco droht nun eine finanzielle Krise: Die USA haben als größter Geldgeber bereits den Stopp ihrer Beitragszahlungen angekündigt. Sie begründen dies mit zwei Gesetzen aus den 90er-Jahren, die Subventionen an Organisationen verbieten, in denen Palästina Vollmitglied ist. Derzeit steuern die USA jährlich mehr als 70 Millionen Dollar bei - dies sind rund 22 Prozent des Gesamthaushalts der Unesco. "Diese Aktion heute wird unsere Fähigkeit einschränken, Unesco-Programme zu unterstützen", teilte US-Botschafter David T. Killion in Paris mit. Einzelheiten nannte er nicht. Die USA würden aber dennoch versuchen, Wege zu finden, die wichtige Arbeit der Unesco weiter zu unterstützen.
Israel kritisierte ein "unilaterales palästinensisches Manöver". Die Aufnahme Palästinas in die Unesco rücke die Aussicht auf ein Friedensabkommen im Nahen Osten in weite Ferne, heißt es in einer Stellungnahme des israelischen Außenministeriums.
Die Unesco
Die Unesco ist die einzige der 16 Sonderorganisationen der Vereinten Nationen mit einem Mandat für Kultur. Mit ihren Programmen soll sie das Kulturerbe schützen, die kulturelle Vielfalt bewahren und den Dialog zwischen den Kulturen fördern. Den völkerrechtlichen Rahmen dazu bildet unter anderem das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes.
Weniger bekannt, aber ebenso bedeutend ist das Engagement der Unesco in Bereichen wie Bildung, Wissenschaft und Kommunikation. So gibt die UN-Organisation mit mehr als 2000 Mitarbeitern jährlich einen Weltbildungsbericht heraus, setzt sich für lebenslanges Lernen ein oder betreibt Programme für Hochschulkooperationen und Biosphärenreservate. Zwei große Arbeitsschwerpunkte sind die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie die Entwicklung Afrikas. (Quelle: DPA)
Palästinenser feiern "Tag des Jubels"
Die Palästinenser nahmen die Entscheidung dagegen begeistert auf. Ein Berater des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas sprach von einem "Tag des Jubels". "Dies ist ein historischer Tag für die Palästinenser", sagte Sabri Saidan. Die Entscheidung sei eine weitere "politische Säule" im Kampf um palästinensische Selbstbestimmung.
Mit dem Unesco-Exekutivrat hatte sich bereits Anfang des Monats das zweitwichtigste Gremium der Organisation für eine Vollmitgliedschaft Palästinas ausgesprochen. Mit Deutschland, den USA, Lettland und Rumänien stimmten damals bei 14 Enthaltungen nur vier von 58 Exekutivrats-Mitgliedern gegen den palästinensischen Vorstoß. Sie waren der Ansicht, dass das Aufnahmeverfahren dem Friedensprozess im Nahen Osten nur schaden könne. Eine Vollmitgliedschaft für Palästina hätte es ihrer Ansicht nach erst nach neuen Friedensverhandlungen mit Israel geben sollen.
Ein Aufnahmeantrag Palästinas auf Vollmitgliedschaft - und damit Anerkennung - bei der Uno wird derzeit noch vom UN-Sicherheitsrat geprüft. Dort werden den Palästinensern aber keine Chancen eingeräumt, weil die USA von ihrem Vetorecht Gebrauch machen wollen. In der Unesco gibt es dagegen keine Möglichkeit, Aufnahmen neuer Länder per Veto zu verhindern, sofern die Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht wird.