Bürgerkrieg in Libyen Gaddafi versorgt Soldaten angeblich mit Viagra

Die USA habe schwere Vorwürfe gegen den libyschen Machthaber erhoben. Gaddafi stifte seine Soldaten zu Vergewaltigungen an und versorge sie zu diesem Zweck mit Viagra. Unterdessen fordern die Rebellen vom Westen schwere Waffen - aus Furcht vor einem Giftgaseinsatz.

Aus Furcht vor Chemiewaffen-Angriffen der Truppen von Machthaber Muammar al Gaddafi haben Libyens Rebellen vom Westen schwere Waffen gefordert. Es würden Hubschrauber, Panzerabwehrraketen und Schnellboote mit Torpedos gebraucht, sagte Rebellengeneral Abdulfatah Junis.

Junis sagte vor einem Treffen mit Vertretern von Europäischer Union und Nato in Brüssel, Gaddafi verfüge "unglücklicherweise noch immer über rund 25 Prozent seiner Chemiewaffen". Laut Junis, der unter Gaddafi Innenminister war, bevor er sich auf die Seite der Aufständischen schlug, fürchten die Rebellen vor allem einen Einsatz von Senfgas. Bislang hätten die Rebellen "geringe Mengen" an Waffen erhalten, "wir warten aber darauf, dass unsere Freunde uns mit neuen Waffen ausrüsten", sagte Junis. Mögliche Lieferländer wollte er aber nicht nennen. Heftige Gefechte lieferten sich Rebellen und regierungstreue Truppen unterdessen an einem libysch-tunesischen Grenzübergang. Die Aufständischen eroberten laut Augenzeugen am Donnerstag den Übergang Dehiba zurück. Der Grenzposten war bereits vor einer Woche von Rebellen eingenommen worden, die Truppen von Machthaber Gaddafi hatten ihn am Vormittag zunächst zurückerobert. Bei den Kämpfen wurden mindestens acht Soldaten aus den Reihen der Gaddafi-Truppen getötet, mehrere weitere Menschen wurden demnach verletzt.

Nato tötet versehentlich Rebellen

Artilleriefeuer löste eine Panik unter Zivilisten in der Region von Dehiba aus. Ein ranghoher tunesischer Armeevertreter beschrieb die Lage als "äußerst angespannt". Die tunesische Regierung protestierte, weil auch auf tunesischem Gebiet gekämpft wurde. In einer Erklärung beklagte das Außenministerium in Tunis eine "Verletzung der territorialen tunesischen Integrität". In der Erklärung war zudem von "großer Besorgnis" angesichts der "gefährlichen militärischen Eskalation" bei der Ortschaft Wesen am Übergang Dehiba die Rede. Die Sicherheit der Menschen in dem Gebiet sei gefährdet. In der umkämpften Hafenstadt Misrata schlugen am Donnerstag Mörsergaranten und Raketen ein, die offenbar wahllos von Gaddafi-Truppen abgefeuert worden waren, wie Aufständische mitteilten. In der Umgebung der Stadt wurde am Abend weiter gekämpft. Ärzten zufolge kamen dabei mindestens neun Menschen ums Leben, rund 30 weitere wurden verletzt; dabei handelte es sich demnach vor allem um Zivilisten.

Nach Angaben von Ärzten hat die Nato nahe der libyschen Stadt Misrata versehentlich mehrere Rebellen getötet. Zehn bis 13 Aufständische seien bei einem Luftangriff am Mittwoch in der Nähe des Hafens der Stadt ums Leben gekommen, sagte Chalid Abu Falra vom medizinischen Komitee in Misrata. Rebellen-Militärchef Ibrahim Bet Almal widersprach den Angaben. Die Nato teilte mit, keine Informationen über den Vorfall zu haben.

Explosionen in Tripolis

Ein Nato-Vertreter bestätigte lediglich, dass ein Kampfflugzeug am Mittwoch eine "gewisse Anzahl von Kampf-Fahrzeugen 16 Kilometer südöstlich des Hafens von Misrata angegriffen hat", in einer Zone, in der am Tag zuvor eine "bedeutende Menge" von Soldaten des Machthabers Muammar el Gaddafi attackiert worden seien. Die Nato könne jedoch nicht auf unabhängige Weise überprüfen, ob diese Fahrzeuge von den Aufständischen genutzt worden seien.

Die Aufständischen hatten am Donnerstag eine Offensive gegen die regierungstreuen Truppen außerhalb der strategisch wichtigen Stadt gestartet, die etwa 200 Kilometer östlich von Tripolis liegt. Die libysche Hauptstadt wurde am Donnerstagabend derweil von mindestens fünf Explosionen erschüttert. Zuvor hatten Nato-Kampfflugzeuge die Stadt überflogen, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP und Augenzeugen berichteten. Erstmals beteiligten sich auch zwei italienische Tornado-Kampfflugzeuge an einem Einsatz gegen Ziele in Libyen.

Angeblich Anstiftung zur Vergewaltigung

Unterdessen haben die USA der Führung um Gaddafi vorgeworfen, Soldaten zur Vergewaltigung von Zivilistinnen anzustiften. Gaddafis Soldaten würden mit Viagra versorgt, damit sie Frauen vergewaltigen könnten, sagte die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Susan Rice, am Donnerstag nach Angaben eines Diplomaten bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats hinter verschlossenen Türen. Eine Quelle für diesen Vorwurf nannte Rice demnach nicht. Laut eines weiteren Diplomaten machte Rice ihre Aussage bei einer Debatte mit einem anderen UN-Botschafter um zu illustrieren, dass die Nato es bei ihrem Vorgehen gegen Gaddafi mit einem Gegner zu tun habe, der "verwerfliche Taten" begehe. Einige Staaten des UN-Sicherheitsrates wie Russland werfen der Nato vor, das von dem Gremium erteilte Mandat für einen Einsatz in Libyen zu überschreiten. Dagegen halten die USA die Luftangriffe in Libyen durch die Resolution 1973 zum Schutz der libyschen Bevölkerung für gedeckt.

Nach Angaben eines Staatsanwalts wurden in Misrata seit der Besatzung durch Gaddafi-Truppen mehr als 500 Menschen verschleppt. Viele von ihnen seien zwischen zehn und 20 Jahren alt, sagte Tarik Alwach. Im von den Rebellen kontrollierten Hafen Misratas kamen zwei Schiffe mit Lebensmitteln, Medikamenten und Waffen an. Ein Schiff mit rund 1000 Flüchtlingen aus Misrata erreichte die weiter östlich gelegene Stadt Bengasi.

AFP
fro/AFP