Bei der Bürgermeisterwahl in Moskau hat sich der kremltreue Amtsinhaber Sergej Sobjanin nach Auszählung fast aller Stimmzettel gegen Oppositionsführer Alexej Nawalny durchgesetzt. Der 55 Jahre alte Weggefährte von Präsident Wladimir Putin kam demnach auf 51,27 Prozent der Stimmen. Das teilte die Wahlleitung der Agentur Interfax zufolge am Montag mit. Der charismatische Putin-Gegner Nawalny erreichte rund 27 Prozent - fast doppelt so viel wie erwartet.
Nach der Abstimmung vom Sonntag für die insgesamt sechs Kandidaten stand das Endergebnis immer noch nicht fest. Ein Prozent der Stimmzettel war nicht ausgezählt. Eine Stichwahl werde es nicht geben, hieß es.
Trotz der Niederlage gilt das unerwartet starke Ergebnis von Nawalny bei seiner ersten Teilnahme an einer Wahl überhaupt als Sensation. Kommentatoren sprachen von der "Geburtsstunde" eines neuen ernstzunehmenden Politikers im größten Land der Erde. "Wenn die kremlnahen Institute Sobjanin 52 Prozent geben, dann versteht Ihr schon, dass das 46 Prozent bedeutet", twitterte Nawalny. Der 37 Jahre alte Blogger und Anwalt forderte eine Stichwahl. Nawalnys Wahlstab kündigte für diesen Montagabend eine Demonstration der Opposition in Moskau an.
Wichtigste Abstimmung seit der Massenproteste gegen Putin
Der vom Kreml gestützte Amtsinhaber wertete das Wahlergebnis als eine Absage der Hauptstädter an einen möglichen Machtwechsel in der größten europäischen Stadt. "Wenn versucht wird, die Stadt zu einem politischen Schlachtfeld für eine Revolution zu machen - dann brauchen das die Moskauer absolut nicht", sagte Sobjanin. Er habe alles getan für eine ehrliche Wahl.
Der Urnengang in der größten Stadt Europas nach einem erbitterten Wahlkampf galt als wichtigste Abstimmung seit den Massenprotesten gegen Putin vor eineinhalb Jahren. Unter dem Eindruck der Demonstrationen hatte der Kreml die Wahl der Gebietsgouverneure - mit Bedingungen - wieder eingeführt, die Putin 2004 abgeschafft hatte. Zudem wurde die vom Kreml so bezeichnete radikale Opposition zwar nicht vollzählig, aber immerhin erstmals zugelassen. So gab es in insgesamt acht Städten und acht Gebieten Wahlen.
In der Millionenstadt Jekaterinburg am Ural hat der Oppositionelle Jewgeni Roisman den Machtkampf gegen die Kremlpartei für sich entschieden. Der 50 Jahre alte landesweit bekannte Anti-Drogen-Kämpfer kam nach Auszählung aller Wahlzettel auf 30,11 Prozent der Stimmen. Das teilte der Leiter der örtlichen Wahlkommission mit. Der Vertreter der Regierungspartei Geeintes Russland, Jakow Silin, kam demnach auf 26,48 Prozent.
Wahlbeobachter beklagten Unregelmäßigkeiten
Nawalnys Kandidatur stand lange auf der Kippe. Nur weil ein umstrittenes Urteil zu fünf Jahren Straflager wegen Veruntreuung noch nicht rechtskräftig ist, durfte er teilnehmen.
Unabhängige Wahlbeobachter beklagten zudem Unregelmäßigkeiten. So seien Soldaten zur Stimmabgabe gezwungen worden, hieß es. Ferner hätten Kameras nicht funktioniert, mit denen mögliche Manipulationen dokumentiert werden sollten.
Bereits vor der Wahl habe es massive Verstöße gegeben, teilte die Gruppe Golos mit. Die Opposition sei nicht in der gewünschten Stärke zugelassen worden. So steht der prominente Linkspolitiker Sergej Udalzow seit Monaten unter Hausarrest mit Kommunikationsverbot.
Insgesamt konnten die Wähler zwischen 54 Parteien entscheiden, neunmal mehr als bisher. Kritiker werfen dem Kreml vor, mit einer Massenzulassung von Gruppierungen - deren Namen sich teils sehr ähnelt - Verwirrung unter Wählern stiften zu wollen.