Umfrage in London Wir sind besser, als wir glauben – zumindest denken das die Briten

Umfrage in London: Wir sind besser, als wir glauben – zumindest denken das die Briten
© Matthias Schrader / Picture Alliance / AP
Drei Jahre nach dem Austritt der Briten aus der EU befragte die deutsche Botschaft in London Briten nach ihrer Meinung zu Deutschland. Die gute Nachricht: Alles halb so schlimm.

Lederhosen und Bratwurst, Elfmeter, Autos und Züge, nach deren Ankunft man die Uhr stellen kann. So sehen die Briten Deutschland, das ist praktisch ein Naturgesetz. Manchmal, nach dem dritten Pint im Pub, werden sie dann ehrlicher und kritischer. "Naja, mit dem deutschen Fußball ist es nicht mehr so weit her", sagen sie dann und blicken einen dabei vielsagend über den Rand des Glases an. Ab und zu kommt auch unser Humor-Bypass zur Sprache oder der Dieselskandal oder Gerhard Schröder und die Abhängigkeit der Deutschen von russischem Gas. Doch generell zollen die Briten Deutschland Respekt, wenn auch etwas widerwillig, das ist der Eindruck, wenn man ein paar Jahre als Deutsche auf der Insel lebt.

Zugegeben, kurzzeitig, vor sieben Jahren war das mal anders. In den heißen Wochen vor dem EU-Referendum im Juni 2016 sagten Leute in Middlesborough oder Burnley oder Clacton-on-Sea ernsthaft Dinge in die Kamera wie: "Ich wähle Brexit, weil Frau Merkel die Queen abschaffen will" oder: "Die EU wird doch sowieso aus Berlin gesteuert".

Doch inzwischen haben die Briten zwar die Queen nicht mehr, doch daran hatten die Deutschen keinen Anteil, überdies haben sie nun in Charles III. einen König, der allem Deutschen sehr wohlgesonnen ist, und gerne bei der Verwandtschaft auf dem Festland weilt.  

Nicht überraschend. Aber erfreulich

Die deutsche Botschaft in London fand, dass nun ein guter Zeitpunkt gekommen sei, herauszufinden, wie die Briten drei Jahre nach ihrem offiziellen Austritt aus der EU über die Deutschen denken. Sie gab eine repräsentative Umfrage in Auftrag. Jene brachte wenn auch nicht wirklich Überraschendes so doch Erfreuliches zutage: Wir sind besser, als wir glauben. Zumindest aus Sicht der Briten.

Deutschland steht für viele Briten immer noch an sechster Stelle ihrer wichtigsten Partnerländer, nach den USA, Kanada, Australien, Neuseeland und dem direkten Nachbarn Frankreich. Knapp die Hälfte der Briten schätzt Großbritanniens Beziehung zu Deutschland auch nach dem Brexit als "sehr gut" oder "einigermaßen gut" ein, wobei das "einigermaßen" bei weitem überwiegt. Rund sieben von zehn Briten haben ein positives Bild von Deutschland, doch nur ein Drittel von ihnen interessiert sich dafür, was aktuell in Deutschland passiert. Vielleicht ist das gut so, sonst wüssten sie längst, dass unsere Züge inzwischen unpünktlicher sind als ihre eigenen. 

Briten wünschen mehr Zusammenarbeit mit Deutschland

Die Briten bewundern in der Mehrheit unseren Lebensstandard (67 Prozent), halten Deutschland für ein politisch stabiles Land (53 Prozent) und für eine relativ gleichberechtigte Gesellschaft (58 Prozent). Nach Meinung der Briten sind wir weiterhin die führende Wirtschaftsmacht in Europa, doch die Zeitenwende haben viele offenbar verpasst: Nur ein Fünftel der Befragten hält Deutschland militärisch für besonders stark. 

Babyboomer, die überwiegend für den EU-Austritt stimmten, sind weniger interessiert an dem, was in Deutschland passiert, als Millennials und die Generation X. Bei den Jungen spielt wohl auch eine gewisse EU-Nostalgie mit, die sie offener zeigen als die Älteren – jene, die ihnen die Brexit-Suppe eingebrockt haben. 

Immerhin wünschen sich drei Viertel aller Befragten eine engere Zusammenarbeit in der Wirtschaft, im Bereich Forschung und Innovation sowie beim Kampf gegen den Klimawandel. Und mehr als die Hälfte wünschen sich sogar eine engere Zusammenarbeit mit der EU-Zollunion. Bei Kultur und Sport dagegen reicht ihnen die Kooperation so, wie sie derzeit ist. Beim Fußball hört die Liebe eben doch wohl auf.

Vermutlich würde heute kein Brite mehr ein Buch mit dem Titel "Warum Deutschland es besser macht" schreiben, so wie es John Kampfner noch vor drei Jahren getan hat. Doch das Image von Deutschland ist zumindest im Königreich weitaus weniger angeschlagen als befürchtet.

Die Mehrheit der befragten britischen Frauen antwortete auf die Fragen übrigens mit "Ich weiß nicht". Das wiederum überraschte den deutschen Botschafter Miguel Berger bei der Präsentation der Ergebnisse sichtlich. Die anwesenden Frauen hingegen warfen sich vielsagende Blicke zu, wissend: Frauen geben zu, wenn sie etwas nicht wissen. Männer, ob britisch oder deutsch, niemals. Auch das ein Naturgesetz.