Pressestimmen "In spätestens zwei Jahren ist Trump eine 'lahme Ente'"

Donald Trump unterschrieb kurz nach der Amtseinführung bereits die ersten Dekrete – öffentlich vor seinen Anhängern     
Donald Trump unterschrieb kurz nach der Amtseinführung bereits die ersten Dekrete – öffentlich vor seinen Anhängern

 
© Evan Vucci / DPA
Donald Trump ist am Montag in Washington als 47. US-Präsident vereidigt worden. Viele Medien kommentieren seine Amtseinführung. Ein Überblick.

"Frankfurter Rundschau": Nun muss der frisch gekürte US-Präsident Donald Trump liefern. Mit der Amtseinführung endet für ihn die Zeit, in der er allen alles versprechen und jeden ohne Konsequenzen bedrohen konnte. Seine Fans erwarten viel, seine politischen Konkurrenten fürchten mehr. Trump wäre allerdings nicht der erste Politiker, der nicht alle seiner Versprechen umsetzen kann. Es stimmt schon, seine Machtfülle ist erschreckend. Die Mehrheit seiner Landsleute hat ihn gewählt, Milliardäre huldigen ihm und die Republikaner folgen ihm nahezu blind. Auch der Wille und die Energie in Trumps Lager sind groß, den angekündigten Epochenbruch zu erreichen. Doch Trump fehlt eine konsistente Strategie. Wie will er Menschen ohne Pass erst an die Grenze zu Mexiko bringen und dann außer Landes und gleichzeitig die Verfassung und die Rechtsstaatlichkeit der USA zu achten, wie er in der Antrittsrede angekündigt hat? Wie will er Strafzölle erheben, ohne die Inflation zu treiben?

"Leipziger Volkszeitung": Und doch könnte falscher nicht liegen, wer nun einen altersmilden, rationalen Trump erwartet. Denn alle Zeichen deuten darauf, dass seine sanften Töne und floskelhaften Aufrufe zum Zusammenrücken nur orange leuchtende Schminke sind auf seiner aschfahlen, von langer Hand kühl geplanten Agenda von Rechtsruck, Rache und Kleptokratie.

"t-online": Die westlichen Verbündeten der USA erwähnte Trump mit keinem Wort. Doch er schickte eine Drohung an die Welt, die auch in Deutschland ernst genommen werden muss. "Kein Land wird auf unsere Kosten leben dürfen. Ich werde an jedem einzelnen Tag sagen: America First." Die amerikanischen Arbeiter würden auf Kosten anderer Länder wieder zu Wohlstand kommen. Von nun an gilt also das Gesetz des Stärkeren. Das ist Trumps unmissverständliche Botschaft dieser Rede. Europa tut gut daran, daraus so schnell wie möglich seine Lehre zu ziehen. Viel lauter können die Warnsignale für den europäischen Kontinent nicht mehr werden. Die Staatengemeinschaft muss nun stärker werden, eigenständiger. Denn nur so können die Europäer gemeinsam Trump etwas entgegensetzen. In den kommenden vier Jahren muss gelten: "Europe First".

"Badische Zeitung": Trump mag für die USA eine "Revolution des gesunden Menschenverstandes" ausrufen, was immer das sein mag. Mit Blick auf Europa hat er vor allem Strafzölle für die Wirtschaft und die Übernahme der Kosten für die Nato im Sinn. Höchste Zeit, dass sich die Europäer dieser Herausforderung stellen. Ein "gerader Rücken", wie Noch-Kanzler Scholz empfiehlt, wird nicht reichen.

Donald Trump wählte anderen Grundton in seiner Antrittsrede 

"Badische Neueste Nachrichten": Es wäre ein Fehler, auf die Beschwichtiger in Europa zu hören, die Entgegenkommen und Verständnis für den "America first"-Präsidenten Donald Trump predigen, der sich mit imperialer Kraftmeierei auf der Weltbühne zurückmeldet. Als ob jemand, der Außenpolitik als Nullsummenspiel betrachtet, sich etwas abhandeln ließe. Siege für Amerika bedeuten aus seiner Sicht immer Verluste für andere. Wenn Deutschland und die Europäer nicht verlieren wollen, müssen sie sich stärker denn je auf ihre eigenen Interessen konzentrieren. Allen voran bei der Sicherheit, die unter dem Nato-Skeptiker Trump ernsthaft auf dem Spiel steht.

"Südwest Presse": Donald Trump wählte einen anderen Grundton in seiner Antrittsrede als vor acht Jahren, doch die Botschaft bleibt dieselbe. Das goldene Zeitalter kann natürlich erst dann beginnen, wenn er, Trump, die ganzen Missstände aufräumt. Was davon nun wie ernst zu nehmen ist, wird sich erst in den kommenden Monaten und Jahren zeigen. Unter Trump wird sich der Hegemon der vergangenen 80 Jahre stärker zurückziehen und auf sich selbst beginnen. Vielleicht werden es gute Jahre für Amerika, für die Welt werden sie riskant.

"Wiesbadener Kurier": 74 Millionen Amerikaner haben ihn gewählt, international, mit Ausnahme von Europa, wird er überwiegend mit Optimismus betrachtet. Trumps zweite Amtszeit mit all ihren disruptiven Ankündigungen zwingt eine Einsicht auf: Welches Ausmaß der Überdruss an den bestehenden Verhältnissen mittlerweile angenommen hat, wenn Trump für so viele Menschen die Antwort auf ihre Fragen ist.

"Stuttgarter Zeitung": Kanzler Olaf Scholz ist überzeugt davon, dass man gegenüber Trump nicht untertänig auftreten darf – und er hat Recht damit. Friedrich Merz irrt sich dagegen, wenn er Trump als gut kalkulierbar bezeichnet. Er liegt aber richtig, wenn er eine bessere europäische Zusammenarbeit fordert – und diesbezüglich auch kritisiert, von Deutschland gehe nicht genug Führung aus. Auf Dauer kann nur führen, wer die  Statur dazu hat. Auch mit Blick auf das künftige außenpolitische Stehvermögen Deutschlands ist nun die entscheidende Frage: Wie wird das Land ökonomisch wieder fit? Scholz und Merz überzeugen dabei beide nur bedingt. Scholz tut so, als müsse den Menschen nichts zugemutet werden. Merz verspricht Steuersenkungen, die nicht gegenfinanziert sind. Einen langfristigen Plan lassen beide zu wenig erkennen.

"Rhein-Zeitung": Donald Trumps Amtsantritt stellt Deutschland und Europa vor enorme politische und wirtschaftliche Herausforderungen. Allerdings ist die gravierendste von allen: Der neue US-Präsident und seine Helfer stellen die freiheitliche Demokratie infrage, sie bekämpfen zu Hause freie Medien, Andersdenkende und die Justiz. Im Ausland fördern sie antidemokratische Bewegungen und Parteien. Elon Musk, der reichste Mann der Welt, hat sich Trump zum Kumpanen gemacht. Nun mischt er über seine Plattform X kräftig mit im deutschen Wahlkampf, nennt Kanzler und Vizekanzler Narren und verhilft AfD-Chefin Alice Weidel auf die internationale Bühne.

"Stuttgarter Nachrichten": Deutschland ist ein Land, das eigentlich das Selbstbewusstsein haben kann und muss, sich – wenn notwendig – den USA auch einmal zu widersetzen. Doch die zweite Trump-Präsidentschaft trifft die Deutschen in einer Phase der eigenen Schwäche. Die Tatsache, dass sich Land schwer damit tut, ökonomisch aus der Krise zu kommen, beschädigt sein internationales Gewicht. Das gilt erst recht, weil das Land erst beweisen muss, ob es den Wandel hin zum klimaneutralen Wirtschaften auf eine Art bewältigt, sodass eine starke industrielle Basis erhalten bleibt. Ökonomischer Erfolg ist die notwendige Grundlage dafür, dass Deutschland von den USA und von China künftig noch ernst genommen wird.

"Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung": Was Trump alles tun wird, ist bislang nur Spekulation und Befürchtung. Aus den Jahren 2017 bis 2021 wissen wir aber immerhin, wie der Mann tickt. Berechenbar ist er darum nicht – Trump ist kein klassischer Politiker der alten Schule, sondern ein Geschäftsmann, der den besten Abschluss für sich will. Noch weiß keiner, ob und wie viel Chaos dieser Mann anrichten wird, was ernst gemeint ist oder nur Teil seiner sonderbaren "Strategie" gegenüber Freund und Feind. Ob wir nun das Schlimmste befürchten oder das Bessere erhoffen – er ist wieder da.

"The Guardian" (Großbritannien): Trumps Botschaft war unverblümt: Feinde im In- und Ausland, nehmt euch in Acht. Wo Roosevelt einst Hoffnung weckte, verbreitete Trump Angst. Er versuchte, sich als Visionär darzustellen, der eine neue Ära in den USA einläutet. Doch niemand sollte sich von seiner Rede täuschen lassen.Trump ist ein eitler Showman. Seine letzte Amtszeit hat ihn als einen Politiker entlarvt, der ein fragiles Ego dadurch verschleiert, dass er andere schikaniert, und der die amerikanische Demokratie an den Rand des Abgrunds gebracht hat.

"Die Presse" (Österreich): Viel Zeit bleibt ihm nicht, um "Amerika wieder groß zu machen", um der Geschichte und der Welt seinen Stempel aufzudrücken. Mehr als eine letzte Amtszeit gibt die US-Verfassung nicht her. Und mit 78 Jahren kehrt er nicht gerade als Jüngling ins Weiße Haus zurück. In spätestens zwei Jahren ist Trump eine "lahme Ente". Dann werden alle nur noch über seine Nachfolge reden. Und im Kongress werden die Republikaner nach den Zwischenwahlen womöglich nicht mehr die Mehrheit in beiden Häusern haben.

"The Times" (Großbritannien): Donald Trump hat die Welt nicht im Unklaren über seine Absichten gelassen. Der 47. Präsident der Vereinigten Staaten nutzte seine Amtseinführung, um klarzumachen, dass er sein weitreichendes Mandat zur Umgestaltung der USA voll ausschöpfen will. Dies war kein technokratisches Machtprogramm, sondern eine uneingeschränkte "America first"-Agenda eines gestärkten Präsidenten, der mit der Absicht ins Weiße Haus zurückkehrt, seine Macht umfassend zu nutzen.

"Tagesanzeiger" (Schweiz): In den kommenden Wochen und Monaten wird der US-Präsident Trump diese Machtfülle nutzen, um seine vollmundigen Ankündigungen aus dem Wahlkampf zügig umzusetzen. Wie er allerdings sein wichtigstes Versprechen erfüllen möchte, nämlich mehr als zehn Millionen Einwanderer ohne Aufenthaltsbewilligung zu deportieren, sprach er bei seinem Auftritt am ersten Arbeitstag als 47. US-Präsident nicht an.Vielleicht auch deshalb, weil die Deportation von Millionen Unerwünschter nicht nur organisatorisch, logistisch und diplomatisch schwierig ist. Selbst der eine oder andere Trump-Wähler dürfte ins Grübeln kommen, wenn der Rausch des politischen Sieges einmal vorbei ist. Denn wer soll künftig auf den Feldern im Mittleren Westen für eine Handvoll Dollar malochen? Wer putzt den Kochherd des Fastfood-Restaurants oder die Toiletten im Ferienhaus? Und wer hilft beim Entladen der Lastwagen, die mitten in der Nacht Lebensmittel anliefern?

"Neue Zürcher Zeitung" (Schweiz): Es droht ein neuerlicher Handelskrieg, der den ohnehin schwächelnden Euro-Raum empfindlich treffen würde. (…) Dass der Republikaner den Konflikt auch mit befreundeten Staaten nicht scheut, wenn es den USA angeblich nützt, hat er verschiedentlich unter Beweis gestellt. Auf besondere Rücksichtnahme kann die EU also nicht hoffen – und eiert gegenüber der neuen Administration derzeit gewaltig herum. (…) Wenn für jemanden "Zölle" das "schönste Wort im Lexikon ist, schöner als Liebe", wie Trump sagt, muss man sich auf alles gefasst machen

"Der Standard" (Österreich): Die gravierendsten Auswirkungen könnte ein Donald Trump auf den Politikdiskurs in Europa haben. Im Ausland fördern der neue US-Präsident und sein Team antidemokratische Bewegungen und Parteien. Einladungen zur Angelobung (Vereidigung) gingen gezielt an populistische Parteienvertreter in Europa. Die wiederum schmachten Trump geradezu als brillantes Vorbild an. (...) Die Unverfrorenheit, die Trump und seine Ideologen an den Tag legen, inspiriert Populisten und Nationalisten in ganz Europa. Und sie verschiebt die Maßstäbe dessen, was die Zivilbevölkerung aufregt

Donald Trump: US-Präsident verspricht "goldenes Zeitalter"
Donald Trump: US-Präsident verspricht "goldenes Zeitalter"
Hier verspricht Trump das "goldene Zeitalter"
© n-tv.de

Sehen Sie oben im Video: Nach seiner Amtseinführung verspricht Donald Trump den USA einen Aufschwung. Schon seine ersten Sätze sorgen für Jubel und Standing Ovations.

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