Trump und Selenskyj Der Feind sitzt im Kreml: Politiker reagieren auf Eklat im Weißen Haus

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz warnte nach dem Trump-Selenskyj-Eklat davor, Angreifer und Opfer zu verwechseln
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz warnte nach dem Trump-Selenskyj-Eklat davor, Angreifer und Opfer zu verwechseln
© Breuel-Bild / Imago Images
Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj sind bei ihrem Treffen im Weißen Haus mächtig aneinandergeraten. Die deutsche und internationale Politik reagiert entsetzt – fast einstimmig.

Der Besuch von Wolodymyr Selenskyj bei Donald Trump ist eskaliert. Der US-Präsident überzog den ukrainischen Staatschef öffentlich mit Vorwürfen und wurde dabei von seinem Vize J.D. Vance unterstützt. Trump warf Selenskyj unter anderem Undankbarkeit vor und behauptete, dieser sei nicht an Frieden interessiert. 

Er forderte ihn auf, "Kompromisse" mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin einzugehen. Das lehnte Selenskyj ab, der ukrainische Präsident verließ das Weiße Haus vorzeitig. Der avisierte Rohstoffdeal zwischen beiden Ländern ist damit vorerst geplatzt. Unter deutschen Politikern macht sich Empörung breit.

Deutsche Politiker verurteilen Verhalten von Donald Trump

Bundeskanzler Olaf Scholz widersprach Donald Trump energisch. "Niemand will Frieden mehr als die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine! Deswegen suchen wir gemeinsam den Weg zu einem dauerhaften und gerechten Frieden", teilte er mit. "Auf Deutschland – und auf Europa – kann sich die Ukraine verlassen."

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sicherte Selenskyj zu, weiter an einem gerechten Frieden zu arbeiten. "Wir werden weiterhin mit Ihnen für einen gerechten und dauerhaften Frieden arbeiten", schrieb von der Leyen auf der Plattform X. An Selenskyj gerichtet schrieb sie: "Sie sind nie allein." Zugleich sprach sie dem ukrainischen Präsidenten, dessen Land seit drei Jahren von Russland angegriffen wird, weiter Mut zu: "Seien Sie stark, seien Sie mutig, seien Sie furchtlos."

Auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sicherte der Ukraine Unterstützung zu. "Die Ukraine ist nicht allein", postete sie. "Deutschland steht zusammen mit seinen europäischen Verbündeten geschlossen an der Seite der Ukraine – und gegen die russische Aggression. Die Ukraine kann auf die unerschütterliche Unterstützung Deutschlands, Europas und darüber hinaus zählen."

"Eine neue Zeit der Ruchlosigkeit hat begonnen", warnte Baerbock mit Blick auf Trumps Vorgehen dann am Samstag. "Wer hier Täter und wer Opfer ist, das steht vollkommen außer Frage", betonte die Ministerin. "Der Feind, er sitzt allein im Kreml, nicht in Kiew oder in Brüssel."

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz warnte davor, Angreifer und Opfer zu verwechseln. "Wir stehen der Ukraine in guten wie in schwierigen Zeiten zur Seite", versicherte er.

SPD-Chef Lars Klingbeil stellte die Rolle Europas heraus: "Das Verhalten der US-Regierung zeigt einmal mehr, dass Europa seine Zukunft stärker in eigene Hände nehmen muss. Wir müssen gemeinsam auf allen Ebenen stärker werden." In einem Beitrag auf X ergänzte er: "Deutschland muss und wird vorangehen. Auch um der Ukraine zu helfen."

"Trump macht klar, was er unter Diplomatie versteht: Erpressung und Ausverkauf. Wer sich nicht kaufen lässt, ist 'undankbar'", schrieb die Grünen-Vorsitzende Franziska Brantner auf X. "Das ist kein Frieden, das ist imperialistisches Machtdenken." Zugleich betonte sie die uneingeschränkte Solidarität mit der Ukraine. Europa müsse nun "die Mittel bekommen, die es wirklich braucht".

Linken-Chef Jan van Aken schlägt als Konsequenz aus dem Eklat zwischen den USA und der Ukraine eine Dringlichkeitssitzung der Vereinten Nationen vor. "Wir haben jetzt eine richtig neue Weltlage. Donald Trump hat deutlich gemacht, für ihn gilt nicht das Völkerrecht, sondern nur noch das Recht des Stärkeren. Und deswegen, finde ich, muss die Welt auch eine gemeinsame Antwort finden", sagte van Aken der ARD.

Serap Güler, Mitglied im CDU-Bundesvorstand, schätzte Trumps Verhalten als "beschämend für die Nation, die die freie Welt anzuführen für sich in Anspruch nimmt" ein.

Der CDU-Außen- und Verteidigungspolitiker Johann Wadephul nannte die Szenen aus dem Weißen Haus "schockierend". "Wie kann man dem Präsidenten eines überfallenen Landes so in den Rücken fallen?", fragte er und betonte: "Das freie Europa wird die Ukraine nicht verraten!"

Der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt sagte im Deutschlandfunk, die Regierung in Washington müsse sich fragen lassen, wie das Wortgefecht auf Kreml-Chef Wladimir Putin gewirkt habe. "Da werden die Sektkorken geknallt haben gestern Abend", sagte er mit Blick auf Moskau. Hardt betonte die Notwendigkeit, die Ukraine weiter zu unterstützen, das sei "in unserem ureigensten Interesse". Er fügte an: "Wenn die Ukraine scheitert, werden wir vor ganz andere, viel größere Probleme gestellt und kommen einer konkreten Kriegssituation viel näher, als wenn das nicht passiert."

Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann schrieb in einem Gastbeitrag für das Portal t-online, die USA hätten "ein weiteres Kapitel aufgeschlagen". "Ein völlig unberechenbarer US-Präsident, der die ukrainischen Opfer brutaler russischer Gewalt zum Täter macht, spricht nicht mehr für die freiheitliche, wertegeleitete westliche Welt." Europa könne und dürfe das nicht länger hinnehmen und müsse sich "von den USA unabhängiger machen".

Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter forderte, dass der Bundestag rasch eine Notlage erklärt. "Die USA sind mit Trump nicht mehr der Verbündete Europas", sagte er dem RND. "Wir brauchen jetzt die sehr schnelle Erklärung der Notlage durch den Bundestag und die Bereitstellung erheblicher Mittel für unsere Sicherheit."

Der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid forderte angesichts der Eskalation in Washington eine zügige Regierungsbildung in Deutschland. "Für uns Europäer ist es dringender denn je, größere Verantwortung für unsere eigene Sicherheit zu übernehmen", sagte Schmid den Funke-Zeitungen.

Europäische Staatschefs stellen sich mehrheitlich hinter die Ukraine

Nach der denkwürdigen Diskussion in Washington meldeten sich in den sozialen Medien eine ganze Reihe europäischer Staats- und Regierungschefs zu Wort und stellten sich hinter die Ukraine. "Ihr seid nicht allein", erklärte etwa Polens Regierungschef Donald Tusk

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez versicherte: "Ukraine, Spanien steht an euer Seite."

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderte Respekt für die Ukraine ein. "Das sind einfache Dinge, aber sie sind gut, um in solchen Momenten daran erinnert zu werden", erklärte Macron, und stellte klar: "Es gibt ein angegriffenes Volk, das die Ukraine ist." 

Auch der britische Premierminister Keir Starmer und sein australischer Kollege Anthony Albanese stärkten der Ukraine den Rücken. 

Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni forderte unterdessen einen sofortigen Gipfel zwischen den USA, Europa und Verbündeten zur Ukraine.

Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas schrieb auf X: "Es wurde heute deutlich, dass die freie Welt einen neuen Anführer braucht."

Niederlandes Ministerpräsident Dick Schoof teilt mit: "Die Niederlande stehen nach wie vor fest hinter der Ukraine.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán schreibt hingegen auf dem Kurznachrichtendienst X: "Starke Männer schaffen Frieden, schwache Männer führen Krieg." In der auf Englisch verfassten Nachricht schreibt der Regierungschef des EU- und Nato-Mitglieds weiter, Trump sei heute "mutig für den Frieden eingetreten", auch wenn dies für viele schwer zu verdauen sei. "Danke, Herr Präsident!"

Er fordert die EU zu direkten Gesprächen mit Russland über eine Feuerpause in der Ukraine auf. Auf eine gemeinsame Erklärung auf einem außerordentlichen EU-Gipfel nächste Woche solle verzichtet werden, erklärt Orban in einem Brief an den Präsidenten des Europäischen Rates, Antonio Costa. In der EU gebe es strategische Unterschiede im Vorgehen gegenüber der Ukraine, die nicht überbrückt werden könnten.

Der Kreml reagiert erfreut auf den Eklat

Aus Moskau war Genugtuung über den Streit zwischen Trump und Selenskyj zu vernehmen. Der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew nannte Selenskyj ein "anmaßendes Schwein", das "im Oval Office eine ordentliche Ohrfeige" erhalten habe. Zuvor hatte Kirill Dmitrijew, russischer Unterhändler bei Gesprächen zwischen den USA und Russland Mitte Februar, die Auseinandersetzung zwischen beiden Staatschefs als "historisch" bezeichnet.

Auch Russlands Außenamtssprecherin Maria Sacharowa äußert sich: "Wie Trump und (US-Vizepräsident J.D.) Vance sich beherrscht haben, diesen Drecksack (Selenskyj) nicht zu schlagen, grenzt an ein Wunder der Zurückhaltung."

epp / rös / km, mit Agenturen