Eurokrise Griechenland schickt Frühstücksdirektoren nach Hause

Der Druck der Euroretter auf Athen ist enorm. Die Regierung handelt und geht gegen Vetternwirtschaft vor. Etliche Behörden werden geschlossen. Reicht das, die Geldgeber zu beruhigen?

Die Griechenland-Retter verlangen von der Regierung in Athen, das Land in allen Bereichen zu modernisieren und den Staat zu verschlanken. Passiert das nicht, soll der Geldhahn zugedreht werden. Ministerpräsident Antonis Samaras hat einen ersten konkerten Schritt in die geforderte Richtung getan. Er lässt auf einen Schlag 213 Behörden, Institutionen und staatlich subventionierte Organisationen schließen - und zwar für immer. "Institut für die Ökonomie der Konstruktionen", die "Behörde für Technologieforschung der mittelgriechischen Region Thessalien", die "Organisation der Zentralmärkte und Fischerei" - all diesen Einrichtungen soll der Garaus gemacht werden.

Ihre Mitarbeiter sind zum Symbol der Vetternwirtschaft geworden. Sie haben über Jahrzehnte den Staatshaushalt belastet. Parteigenossen und Parteifreunde fanden einen Arbeitsplatz, den Nutzen ihrer Tätigkeit kannte niemand so genau - vielleicht mit Ausnahme desjenigen, der den Job seinem Freund oder Verwandten verschafft hatte. Auf der Schließungsliste stehen auch 65 verschiedene Jugendschutzbehörden, die nun fusionieren sollen. Selbst in Griechenland völlig unbekannt war eine Einrichtung, die sich nebulös "Kapital für die Entschädigung von Lastenträgern" nennt. Nun droht ihr das Aus.

Das Problem: Retten wird die Aktion "Abbau der Frühstücksdirektoren" das Land nicht. Insgesamt sind 5256 Stellen betroffen. Die Staatsbediensteten sollen aber nicht entlassen werden. Sie sollen entweder in Rente gehen oder in andere staatliche Behörden versetzt werden. Und Pensionsbezüge sind ebenso Staatssache wie die Bezahlung öffentlicher Angestellter. Die Sparsumme ist marginal verglichen mit den Lücken im Staatsetat. Rund 40 Millionen Euro im Jahr könnten es sein, schätzte am Mittwoch die griechische Presse, die der Beschluss bringt, die sinnlosen Jobs einzusparen.

Samaras geht auf Rösler los

Die Euroretter haben Hellas schon mit knapp 150 Milliarden Euro über Wasser gehalten. Die Chancen, der der Pleite zu entgegen, sind marginal. Griechenlands Unterstützer halten es offenkundig nicht mehr für möglich, dass Hellas ohne weiteren Schuldenerlass auf die Beine kommt. Die derzeit laufende Prüfung der Finanzlage und der Reformbemühungen Griechenlands durch die Geldgeber wird nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters zu einem verheerenden Ergebnis führen. Ins Spiel gebracht wird ein neuer Schuldenschnitt. Der erste erbrachte Linderungen von mehr als 100 Milliarden Euro.

Die Bereitschaft der Geldgeber, weitere Millarden zu überweisen oder zusätzliche Zusagen zu machen, sinkt von Tag zu Tag. Die Kontroll-Troika von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) ist offenkundig unzufrieden mit den Reformfortschritten und zweifelt am Erfolg. Sollte Griechenland zu weit vom vereinbarten Sparweg abgewichen sein, sind die Chancen auf weitere Milliardenspritzen marginal oder gar null. Das zweite, 130 Milliarden Euro schwere Rettungspaket sollte Griechenland helfen, den Schuldenstand von mehr als 160 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Frühjahr bis 2020 auf 120 Prozent zu drücken. Nur unter dieser Bedingung beteiligte sich der IWF an der Finanzhilfe. Wenn Hellas diese Zusage nicht erfüllt, verliert das Land mit dem Währungsfonds einen entscheidenden Geldgeber.

Ob da der Abbau von ein knapp 6000 Stellen reicht, ist fraglich. Athen schlägt nämlich zugleich vor, die Verschlankung solle sanfter in die Tat umgesetzt werden. So soll für zehn in Rente gehende Beamte und Staatsbedienstete künftig nur noch ein neuer eingestellt werden. "Entlassungen in dieser dramatischen Finanzlage könnten zu schweren sozialen Unruhen führen", sagt ein hoher Funktionär des Finanzministeriums.

20 Milliarden Euro aus Immobilien?

Den eigentlichen Kampf muss Samaras' Regierung bestehen, wenn sie versuchen wird, den harten Kern der staatlichen Betriebe zu privatisieren. Die Gewerkschaft der Elektrizitätsgesellschaft (GENOP-DEI) etwa droht das Land zu "verdunkeln", sollte gewagt werden, die DEI zu privatisieren.

Ein anderer wichtiger Bereich ist der Verkauf staatlicher Immobilien und Ländereien, die seit Jahren brach liegen und kein Geld einbringen. Unter ihnen sind auch Filetstücke wie das riesige Gelände des alten Athener Flughafens "Hellinikon" an einer der schönsten Küsten des Mittelmeeres im Südosten der griechischen Hauptstadt. Experten haben ausgerechnet, dass der griechische Staat in den kommenden Jahren insgesamt bis zu 20 Milliarden Euro kassieren könnte.

Im griechischen Finanzministerium ist man zurückhaltender. Man wäre zufrieden, wenn dieses Jahr durch Privatisierungen und Verkäufe von Immobilien drei Milliarden Euro in die Kasse kommen würden. Sorge bereitet den Verantwortlichen, dass die Käufer wissen, wie dringend Griechenland das Geld braucht und aus diesem Grund nur geringe Gebote abgeben. "Wenn die ganze Welt weiß, dass Du Geld brauchst, dann bist Du schlecht dran, wenn Du Dein Haus verkaufen willst", sagt Makler Dimitris Voyatzis.

"Bewusst oder aus Dummheit"

Ministerpräsident Samaras bezog sich am Dienstag in Athen offenkundig vor allem auf die Aussage des deutschen Wirtschaftsministers Philipp Rösler (FDP), der am Wochenende einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone für möglich hält und seine Einschätzung mit den Worten begründet hatte, dass dieser Schritt "längst seinen Schrecken verloren" habe. "Ich sage es offiziell: Es handelt sich um Untergraber unserer nationalen Bemühungen", erklärte Samaras vor Abgeordneten seiner Partei. "Wir tun, was wir können, damit das Land wieder auf eigenen Beinen stehen kann, und sie tun alles, was in ihrer Macht steht, damit wir scheitern."

DPA · Reuters
tso/DPA/Reuters/AFP