Zwei Stunden lang verhandelten Russland und die Ukraine in Istanbul. Die Gespräche führten nicht zum erhofften Waffenstillstand, doch sie könnten ein Anfang sein.
"Ich warte auf Putin, persönlich", hatte der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj im Vorfeld angekündigt. Am Ende fanden die Friedensverhandlungen in Istanbul ohne Russlands Präsidenten Wladimir Putin statt. Und ohne Selenskyj. Der reiste zwar in die Türkei, doch ohne Gipfeltreffen wieder ab.
Am Freitag kamen die Gespräche dann im zweiten Anlauf zustande. Erstmals nach drei Jahren verhandelten Russland und die Ukraine unter Vermittlung der Türkei. Lesen Sie die Entwicklungen des Tages im stern-Blog nach – und ein Resümee des Gipfels.
Wichtige Updates
Moritz Gathmann

Zum Abschied noch ein Blick über den Verhandlungsort vom Dach unseres Büros hier in Istanbul. Während der Verhandlungen durften wir aus Sicherheitsgründen nicht filmen von dort - aber man hatte die Delegationen doch ganz gut im Blick. Gut möglich, dass die nächsten Verhandlungen wieder hier stattfinden! Güle güle aus Istanbul.
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Moritz Gathmann

Zu guter Letzt legt der russische Verhandlungsführer Medinskij noch einen nach. Er gibt dem russischen Chefpropagandisten Jewgenij Popow eine acht Minuten dauernde Geschichtsstunde, die er heute offenbar auch den Ukrainern in den Verhandlungen gegeben hat. Die Quintessenz aus mehreren Jahrhunderten Kriegen laut Medinskij: Immer seien es westliche Mächte wie Frankreich und Großbritannien, die verhindern würden, dass Staaten, die gegen Russland kämpfen, rechtzeitig einen Frieden vereinbaren. Das Ganze endet mit einem - natürlich falschen - Bismarck-Zitat: "Versuchen Sie niemals, die Russen zu betrügen und ihnen etwas zu stehlen, denn die Zeit wird vergehen, und früher oder später kommen die Russen, um sich zu holen, was ihnen gehört." Details aus den Verhandlungen verrät er nicht.
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Moritz Gathmann

Gerade noch eine Pressekonferenz der Ukrainer vor einem Istanbuler Hotel: Sie geben sich demonstrativ optimistisch und diplomatisch – ein ganz anderer Ton als am gestrigen Tag, als Russen und Ukrainer sich über die Medien gegenseitig beleidigten. Der vereinbarte Gefangenenaustausch sei ein Erfolg. Man arbeite jetzt auf ein Treffen auf höchstem politischen Level hin, also: Putin-Selenskyj.
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Moritz Gathmann

Was folgt auf die Gespräche?
Was war das nun heute im Dolmabahçe-Palast von Istanbul? Und was folgt daraus für den Krieg in der Ukraine?
Positiv
- Russen und Ukrainer sprechen zum ersten Mal seit drei Jahren wieder miteinander.
- Ein Gefangenenaustausch 1000 gegen 1000 wurde vereinbart, der sehr bald stattfinden soll.
- Ein weiteres Treffen haben beide Seiten nicht ausgeschlossen.
Negativ
- Es wurde erwartungsgemäß kein 30-tägiger Waffenstillstand vereinbart, den sich die Ukraine und der Westen gewünscht hatten
- Die russische Seite forderte für einen Waffenstillstand offenbar den Rückzug der ukrainischen Truppen aus den Teilen der vier von Russland annektierten Regionen, die von der Ukraine weiter gehalten werden. Diese Forderung hatte Putin schon früher geäußert. Für die ukrainische Seite ist das aber inakzeptabel. Verständlich: Es geht hier nicht um einige Dörfer, sondern um Großstädte mit hunderttausenden Einwohnern wie Saporischja, Cherson oder Kramatorsk.
Was nun?
Beide Seiten haben zumindest das Bemühen gezeigt, in Verhandlungen einzutreten. Nicht zuletzt dürften dafür Trumps Bemühungen verantwortlich sein. Doch um einen Durchbruch zu erreichen, muss jemand den gordischen Knoten zerschlagen: Russland hat wenig Interesse an einem Waffenstillstand, weil es langsam auf dem Vormarsch ist und sich der jetzt beginnende Sommer erst recht für Offensiven eignet. Das 17. Sanktionspaket der EU ist sicher kein ausreichendes Instrument, um Russland zum Umdenken zu bringen. Eine deutlich stärkere militärische Unterstützung der Ukraine könnte zumindest helfen.
Und dann ist da noch der Faktor Trump. Zuletzt hatte er sich eher frustriert über den schleppenden Erfolg seiner Bemühungen geäußert. Wirft der US-amerikanische Präsident jetzt möglicherweise nochmal sein volles politisches Gewicht in den Ring, um Putin zum Einlenken zu bringen? Der scheint jedoch derweil anderweitig beschäftigt. Während in Istanbul die Verhandlungen liefen, veröffentlichte er auf Truth Social folgenden Post: "Has anyone noticed that, since I said 'I HATE TAYLOR SWIFT,' she’s no longer HOT?"
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Lennard Worobic
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wirft dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vor, kein Interesse an einer Beendigung des Ukrainekriegs zu haben. Putin kündige erst an, Gespräche über eine Waffenruhe führen zu wollen, komme dann aber nicht selbst und schicke stattdessen "die dritte Garde", sagt Pistorius am Freitag im Rahmen eines Treffens mit seinen Kollegen aus Italien, Frankreich, Großbritannien und Polen in Rom.
Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung, spricht auf einer Pressekonferenz. Hannes P. Albert/dpa
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Moritz Gathmann

Aus den russisch-ukrainischen Verhandlungen werden von ukrainischen Quellen Aussagen des russischen Delegationsleiters Medinski geleakt: Russland sei bereit, "ewig zu kämpfen", soll der Hobby-Historiker Medinski gesagt haben – angeblich verwies er dabei auf den Großen Nordischen Krieg, in dem Russland 21 Jahre gegen Schweden kämpfte. Medinski soll gedroht haben, dass man in zukünftigen Verhandlungen nicht mehr über vier von Russland eroberte ukrainische Regionen sprechen werde, sondern über fünf oder sechs. Ob die Zitate echt sind, lässt sich nicht überprüfen.
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Mirjam Bittner
Russland ist zufrieden mit den Gesprächen. Der russische Delegationsleiter Wladimir Medinski sagt, er halte eine Fortsetzung der Verhandlungen für möglich.
Außerdem bestätigt Medinski die Einigung auf den Gefangenenaustausch.
Außerdem bestätigt Medinski die Einigung auf den Gefangenenaustausch.
Russlands Verhandlungsführer in Istanbul, Wladimir Medinski. IMAGO / SNA
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Mirjam Bittner
Gefangenenaustausch vereinbart
Eine Einigung scheint es dennoch zu geben: Russland und die Ukraine tauschen 1000 Kriegsgefangene aus. Das sagt Verteidigungsminister Rustem Umerow dem ukrainischen Fernsehen.
Sollte es dazu kommen, wäre das der größte Gefangenenaustausch seit mehr als drei Jahren, so der "Guardian".
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Moritz Gathmann

Komplettes Chaos hier gerade vor dem Verhandlungsort. Ukrainischer Verteidigungsminister Umerow kommt raus, um ein Statement vor der Presse abzugeben und wird beinahe umgerannt von der Reporterhorde. Ergebnis: Erstmal kein Statement.
Moritz Gathmann / stern
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Mirjam Bittner
Das Foto hat Kollege Gathmann gerade mit Ihnen geteilt, liebe Leserinnen und Leser – offenbar haben die abgebildeten europäischen Staatschefs auch mit dem US-Präsidenten gesprochen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj telefonierte gemeinsam mit Bundeskanzler Friedrich Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, dem britischen Premierminister Keir Starmer und dem polnischen Regierungschef Donald Tusk, mit Donald Trump.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj telefonierte gemeinsam mit Bundeskanzler Friedrich Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, dem britischen Premierminister Keir Starmer und dem polnischen Regierungschef Donald Tusk, mit Donald Trump.
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Moritz Gathmann

Andrij Jermak, Berater von Selenskyj, postet gerade dieses Bild vom Gipfel in der albanischen Hauptstadt Tirana.
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Mirjam Bittner
Bundeskanzler Friedrich Merz sieht die Gespräche zwischen Vertretern der Ukraine und Russlands als guten Anfang:
„Die Tatsache, dass sie sich heute – zum ersten Mal seit dreieinhalb Jahren – treffen, ist ein sehr kleines, aber erstes positives Signal.“Bundeskanzler Friedrich Merz
Friedrich Merz (CDU) gibt beim Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft ein Pressestatement. Kay Nietfeld/dpa
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Moritz Gathmann

Das Treffen zwischen Ukrainern und Russen ist nach zwei Stunden beendet. Reuters meldet unter Berufung auf ukrainische Quellen, dass die russische Seite unrealistische Forderungen gestellt habe, zum Beispiel, dass die Ukrainer für einen Waffenstillstand ihre Truppen vom eigenen Territorium zurückziehen. Unterschiedliche Informationen, ob das jetzt eine Pause ist, oder ob die Verhandlungen beendet sind.
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Mirjam Bittner
Präsident Selenskyj fordert eine "starke Reaktion" gegen Russland, falls die Gespräche über einen Waffenstillstand scheitern.
„Sollte sich herausstellen, dass die russische Delegation wirklich nur Theater spielt und heute keine Ergebnisse liefern kann, muss die Welt reagieren.“Präsident Wolodymyr Selenskyj
Für den Fall eines Scheiterns der Gespräche fordert der ukrainische Präsident Sanktionen gegen russische Energieunternehmen und Banken. "Der Druck muss solange erhöht werden, bis echte Fortschritte erzielt werden", so Selenskyj.
Er fordert Russlands Präsidenten Wladimir Putin auf, der russischen Delegation in Istanbul ein "echtes" Verhandlungsmandat zu erteilen. Putin habe nur "leere Köpfe" an den Verhandlungstisch geschickt, so Selenskyj: "Das zerstört die Bedeutung der Diplomatie."
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Mirjam Bittner
Wer fordert eigentlich was?
Die Positionen liegen nach wie vor sehr weit auseinander.
Russland:
- In den Gesprächen sollen die "Grundursachen" des Konflikts angesprochen werden, einschließlich einer "Entnazifizierung" und Entmilitarisierung der Ukraine – zwei vage Begriffe, die Moskau zur Rechtfertigung seines Angriffskriegs verwendet.
- Der Kreml verlangt die Abtretung annektierter, ukrainischer Gebiete, die derzeit von der russischen Armee zum Teil besetzt sind. Dazu gehört zum Beispiel die Krim.
- Russland verlangt den Verzicht der Ukraine auf einen Nato-Beitritt. Im weiteren Sinne fordert Putin eigentlich eine Neuordnung der Sicherheitsarchitektur in Europa.
- Der Westen soll seine Waffenlieferungen an die Ukraine stoppen.
- Eine 30-tägige, bedingungslose Waffenruhe lehnt Russland bislang ab.
Ukraine:
- Die Ukraine fordert besagten Waffenstillstand über 30 Tage.
- Die Annexionen betrachtet die Regierung als illegalen Landraub. Selenskyj hatte in der Vergangenheit aber eingeräumt, dass die Ukraine die Gebiete womöglich nur auf diplomatischem Wege zurückerhalten könnte.
- Selenskyj fordert seit langem Sicherheitsgarantien für sein Land, um Russland von einem erneuten Angriff abzuhalten.
- Der ukrainische Wunsch nach einer Nato-Mitgliedschaft ist weiterhin unerfüllt, auch wenn westliche Politiker immer wieder die grundsätzliche Bereitschaft beteuern, die Ukraine aufzunehmen. Kiew verlangt daher eine andere Form des westlichen militärischen Engagements. Moskau lehnt das ab.
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