Ukraine-Krieg Putin redet in China von Frieden, tut aber nichts dafür

Unter Freunden: Putin holte sich zwei Tage lang Rückendeckung aus China für seinen Ukraine-Krieg
Unter Freunden: Putin holte sich zwei Tage lang Rückendeckung aus China für seinen Ukraine-Krieg
© Sergei Guneyev/Pool Sputnik Kremlin/AP / DPA
Kremlchef Putin beteuert zum Abschluss seiner Chinareise, an Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg interessiert zu sein. Trotzdem setzt er den Beschuss von Charkiw fort. Auch Feuerpausen lehnt er ab. Derweil arbeitet die Ukraine am Friedensgipfel unter Ausschluss Russlands.

Russland wolle die Stadt Charkiw im Nordosten der Ukraine nicht besetzen, das erklärte jetzt Kremlchef Wladimir Putin. Es gehe ihm angeblich nur um eine Pufferzone. Er habe nicht den Plan, Charkiw einzunehmen, behauotete Putin vor russischen Staatsmedien zum Ende seines zweitägigen Chinabesuchs. In Harbin hatte er zusammen mit Chinas Vizepräsident Han Zheng die achte gemeinsame russisch-chinesische Handelsmesse eröffnet. Am Tag zuvor hatte er Staatschef Xi Jinping in Peking besucht.

Die ukrainische Millionenstadt Charkiw wird schon seit Wochen stark beschossen. Am Donnerstag erst hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Stadt besucht und von einer Stabilisierung der Lage gesprochen. Die Russen hätten lediglich die erste von drei Verteidigungslinien erreicht, hatte Selenskyj erklärt.

Putin gab an, dass Russland derzeit eine Pufferzone dort einrichte, weil von Charkiw aus die russische Region Belgorod massiv mit Drohnen und Raketen beschossen werde. Die jüngsten massiven Schläge gegen die Region Charkiw habe sich die Ukraine selbst zuzuschreiben, weil sie russisches Gebiet immer wieder attackiere. Dass die ukrainischen Schläge der Verteidigung gegen den Aggressor Russland dienen, der die Ukraine überfallen hat, ließ Putin dabei erwartungsgemäß außen vor.

Ukraine beschießt Russland mit Drohnen

Die Behörden in Belgorod meldeten zuletzt erneut massiven Drohnenbeschuss von ukrainischer Seite. Unter anderem sei ein Auto getroffenen worden, eine Frau und ihre vier Jahre alter Sohn seien getötet worden, sagte Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow. Auch andere Regionen meldeten Drohnenattacken von ukrainischer Seite, es gab mehrere Brände. Allerdings wird Charkiw bereits seit Kriegsbeginn von russischen Truppen immer wieder massiv beschossen.

Weil die Führung in Moskau immer wieder Charkiw als russische Stadt bezeichnet, gehen viele Experten davon aus, dass der Kreml auch die Region annektieren will. Putin dementierte dies erstmals mit der Einschränkung, dass es derzeit nicht geplant sei.

Putin lobt China und kritisiert Friedensgipfel zum Ukraine-Krieg

Putin lobte zum Ende seiner China-Reise ausdrücklich die Bestrebungen Pekings, den Konflikt um die Ukraine zu beenden – obwohl er selbst ein Ende durch einen Abzug der Invasionstruppen selbst in der Hand hat. Er habe mit Partei- und Staatschef Xi Jinping ausführlich über den Krieg gesprochen, sagte er. China bezeichnet sich als neutral in dem Konflikt, gilt aber als Unterstützer Russlands. Außerdem haben sich die Handelsbeziehungen seit dem Ukrainekrieg verstärkt: Während die Russen jetzt überwiegend chinesische Autos kaufen, nimmt China den Russen Gas ab – und es könnte noch mehr werden, wenn Putin tatsächlich seinen Plan umsetzt kann, eine weitere Pipeline nach China zu bauen. 

Putin sprach am Ende der Reise auch den in der Schweiz geplanten Friedensgipfel der Ukraine an. Die am 15. und 16. Juni in der Nähe von Luzern geplante Konferenz sei der Versuch, Russland Bedingungen für eine Beendigung des Konflikts aufzuzwingen, erklärte der Kremlchef.

Westen hofft auf Beteiligung Chinas am Ukraine-Friedensgipfel

Die Ukraine und der Westen hoffen, dass China einen Vertreter zum Gipfel in die Schweiz schickt, um dem Treffen mehr Gewicht zu verleihen. In Kiew sagte Selenskyj im Gespräch mit den Journalisten, dass viele Staaten an dem Treffen teilnehmen würden. Er erinnerte daran, dass auch China für die territoriale Unversehrtheit der Ukraine eintrete und kein Verständnis habe für Annexionen in dem Land. Ziel des Gipfels in der Schweiz sei ein Kommuniqué für eine Lösung des Konflikts. Die Ukraine wolle etwa Energiesicherheit und einen Austausch aller Gefangenen erreichen, sagte Selenskyj.

"Massiver Angriff": Ukraine attackiert Luftwaffenbasis auf der Krim (Video)
Der Militärflugplatz Belbek auf der russisch besetzten Krim soll in der Nacht von der Ukraine angegriffen worden sein. Der Gouvernour der nahegelegenen Stadt Sewastopol spricht von einem "massiven Angriff". 
Ukraine attackiert Luftwaffenbasis auf der Krim – Gouverneur spricht von "massivem Angriff"

Putin kritisierte, dass Russland nicht eingeladen sei zu dem Treffen, aber ständig Vorwürfe ausgesetzt sei, nicht teilzunehmen. Er sei bereit zu Verhandlungen. Auch Verbündete Russlands erklärten, der Gipfel habe keinen Sinn, wenn nicht beide Kriegsparteien teilnähmen.

Frankreich schlägt Feuerpause im Ukraine-Krieg zu Olympia vor

Unabhängig voneinander äußerten sich Selenskyj und Putin zur französischen Idee einer Feuerpause während der Olympischen Sommerspiele in Paris. Ihm seien die Details der Initiative nicht klar, zumal Russland die Gelegenheit nutzen könne, weiter Militärtechnik in Richtung Ukraine zu bewegen, sagte Selenskyj der Internetzeitung "Ukrajinska Prawda" zufolge. 

Der ukrainische Staatschef betonte erneut, dass es bereits eine Feuerpause gegeben habe, aber diese mit dem russischen Feind nicht funktioniere. Außerdem stelle sich die Frage, "wer sicherstellen wird, dass während einer Feuerpause ihre Streitkräfte nicht zu uns vorrücken". Es sei möglich, in dieser Zeit Technik zu bewegen und dann einen Angriff zu starten, warnte der Präsident. "Also ich verstehe die Details nicht. Für mich klingt das bisher nach einer nicht lebensfähigen Geschichte."

Beide Seiten zeigen wenig Interesse an Feuerpause

Kremlchef Putin sagte, dass ihn Xi auf das Thema angesprochen habe. Putin selbst äußerte sich nicht weiter zu dem Inhalt seines Gesprächs. Er kritisierte, dass der Westen von Russland die Einhaltung eines olympischen Friedens verlange, sich selbst aber mit dem Ausschluss russischer Athleten nicht an den olympischen Gedanken halte.

Der Kreml hatte schon zuvor Zweifel an einer der französischen Initiative geäußert, weil die Ukraine die Zeit der Spiele vom 26. Juli bis 11. August nutzen könnte, um die Streitkräfte neu zu gruppieren für den Krieg.

Die Idee des olympischen Friedens geht auf die Antike zurück, wurde aber auch bei der Wiederbelebung der Spiele in der Neuzeit als Gedanke aufgenommen. Während des Sportereignisses sollten alle Feindseligkeiten ruhen. In der Vergangenheit wurde aber bereits mehrfach gegen das Gebot verstoßen.

Ulf Mauder / DPA / urb / wue