Gespaltene Ukraine Kopf-an-Kopf-Rennen bei der Stichwahl

Fünf Jahre nach der orangenen Revolution haben die Bürger der Ukraine bei der Präsidentschaftswahl am Sonntag ihre Entscheidung über den künftigen Kurs des Landes getroffen.

Fünf Jahre nach der orangenen Revolution haben die Bürger der Ukraine bei der Präsidentschaftswahl am Sonntag ihre Entscheidung über den künftigen Kurs des Landes getroffen. Zu der Stichwahl traten der pro-russische Politiker Viktor Janukowitsch und die als pro-westlich geltende Ministerpräsidentin Julia Timoschenko gegeneinander an.

Ex-Ministerpräsident Janukowitsch hatte den ersten Wahlgang vor drei Wochen mit 35 Prozent der Stimmen für sich entschieden. Timoschenko erhielt zehn Prozent weniger. Meinungsumfragen waren seit dem ersten Durchgang nicht erlaubt. Beobachter erwarteten einen knappen Ausgang der Stichwahl. Mit ersten Hochrechnungen wurde kurz nach Schließung der Wahllokale gegen 20.00 Uhr (19.00 Uhr MEZ) gerechnet. Erste Teilergebnisse sollte es in der Nacht geben.

Janukowitsch sagte bei der Stimmabgabe in einem Wahllokal in der Hauptstadt Kiew, er habe für "gute Veränderungen, Stabilität und eine starke Ukraine" votiert. Seine Rivalin Timoschenko gab ihre Stimme in ihrer Heimatstadt Dnjepropetrowsk ab. "Ich habe für eine neue Ukraine gestimmt, eine wundervolle, europäische Ukraine, in der das Volk glücklich leben kann."

Der scheidende Amtsinhaber Viktor Juschtschenko sagte in seinem Wahllokal, die Ukraine müsse sich für egal welches Ergebnis schämen. Der Held der Orangenen Revolution von 2004 war in der ersten Wahlrunde weit abgeschlagen auf dem fünften Platz gelandet.

Vor der Wahl warfen sich beide Lager vor, das jeweils andere um den Sieg betrügen zu wollen. Janukowitsch meldete für Montag eine Demonstration mit 50.000 Menschen vor dem Sitz der Zentralen Wahlkommission in Kiew an. Seit Tagen kampieren seine Anhänger dort und vor dem Präsidentensitz in blauen Zelten. Timoschenko warf der Partei Janukowitschs vor, drei Abgeordnete für die Nacht der Auszählung in die Wahlkommission entsandt zu haben, um "psychologischen Druck" auszuüben.

Experten gehen davon aus, dass die Rivalen im Falle eines Kopf-an-Kopf-Rennens das Ergebnis vor Gericht anfechten oder für Protestkundgebungen wie vor fünf Jahren sorgen werden. Timoschenko warnte vor Massenprotesten, sollte es erneut Betrugsvorwürfe geben. Sollte es zu Fälschungen kommen, würden ihre Anhänger so viel Widerstand leisten wie nie zuvor, sagte sie am Freitag.

2004 hatten Massenproteste in Kiew dazu geführt, dass die Wahl Janukowitschs annulliert wurde. Nach wochenlangen Protesten der Opposition bestätigte das Verfassungsgericht den Vorwurf massenhafter Fälschungen und setzte eine Wiederholung an, die Juschtschenko klar gewann. Seine erbitterten Machtkämpfe mit Timoschenko und die schwere Wirtschaftskrise sorgten jedoch bald für Ernüchterung.

Seither war Janukowitsch wieder auf dem Vormarsch. Seine Gegner werfen ihm vor, dass er sich nie zu den Wahlfälschungen bekannte. Zudem führen sie zwei Vorstrafen wegen Diebstahls und Körperverletzung an, die in den siebziger Jahren gelöscht wurden. Die Oligarchin Timoschenko war 2001 kurzzeitig wegen Fälschung und Schmuggels inhaftiert.

Gute Chancen hat Timoschenko vor allem im Westen des Landes, der als nationalistisch und russlandfeindlich gilt. Die Regierungschefin hatte sich in den vergangenen Jahren aber auch an Moskau angenähert und zuletzt stets ihre guten Beziehungen zum russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin betont. Janukowitsch verfügt über eine starke Anhängerschaft im Osten des Landes.

AFP
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