Für eine zentrale Rolle der Vereinten Nationen bei der Errichtung einer Nachkriegsordnung im Irak hat sich Außenminister Joschka Fischer ausgesprochen. Zum Abschluss seines einwöchigen USA-Besuches steht heute in Washington noch eine Unterredung mit US-Vizepräsident Richard Cheney auf dem Programm. Das mit Spannung erwartete Treffen gilt als wichtiger Indikator für die Entwicklung der durch den Irak-Konflikt belasteten deutsch-amerikanischen Beziehungen. Fischer wird am Freitag in Berlin zurückerwartet.
Fischer sagte nach Unterredungen mit Außenminister Colin Powell und Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice, trotz unterschiedlicher Ansichten über den Irak-Krieg habe sich ein gemeinsames Interesse ergeben, durch Zusammenarbeit an der Nachkriegsordnung neue Terrorgefahren zu verhindern. Die Bundesrepublik sei bereit, bei der Stabilisierung der Krisenregion durch friedlichen Wandel zu helfen.
Positive Zwischenbilanz
Außerdem komme die von ihm seit Monaten geforderte strategische Debatte zwischen EU und USA wieder in Gang, erklärte Fischer. Die durch den Krieg verschütteten deutsch-amerikanischen Kontakte begännen sich zu normalisieren. Nach dem Zerwürfnis wegen des Irak-Kriegs gehe es jetzt darum, alle verfügbaren Kräfte zu bündeln, um den Frieden in der Krisenregion zu gewinnen. Dies liege auch im Sicherheitsinteresse Europas.
Vorsichtig optimistisch beurteilte Fischer mögliche Änderungen in der US-Position gegenüber den UN. Seinem Eindruck nach erwägt die US-Seite statt des umstrittenen Besatzungsregimes für den Irak eine zentrale Rolle für die Vereinten Nationen bei der Stabilisierung und beim Wiederaufbau des Landes. Zuvor hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder in Berlin eine neue Resolution des Sicherheitsrates zu den Bedingungen für ein stärkeres deutsches Engagement im Irak gemacht. Die Entsendung eines begrenzten Kontingents deutscher Truppen schloss Fischer nicht grundsätzlich aus.
Der Besuch Fischers fand auch im Hinblick auf eine mögliche spätere Visite von Bundeskanzler Gerhard Schröder bei US-Präsident George Bush Beachtung. Das Thema sei jedoch bei keinem der zahlreichen Gespräche Fischers in New York und Washington erörtert worden, hieß es in diplomatischen Kreisen.