Großbritannien Blair-Rücktritt innerhalb von zwölf Monaten

Noch am Donnerstag wird der stark unter Druck stehende britische Premierminister Tony Blair verkünden, wann genau er sein Amt abgeben werde. Spekuliert wird über den Mai 2007.

Der britische Premierminister Tony Blair will seinem Sprecher zufolge innerhalb eines Jahres zurücktreten. In Medienberichten wurde der kommende Mai als Termin genannt. Einen sofortigen Rücktritt schloss der Sprecher trotz des zunehmenden Drucks aus der Labour-Partei aus. Der Regierungschef wollte sich am Donnerstag zum Zeitplan für die Amtsübergabe an einen Nachfolger äußern.

Der Labour-Parteitag im September werde Blairs letzter als Regierungschef sein, sagte sein Sprecher. Kommentare zu konkreten Daten lehnte er ab. Einige der jüngsten Spekulationen seien aber schlicht falsch. Der TV-Sender Sky nannte unter Berufung auf ranghohe Vertreter der Labour-Partei den 4. Mai als geplanten Rücktrittstermin. Blairs Nachfolger solle Mitte Juni sein Amt antreten.

Druck spitzt sich massiv zu

Mit dem Rücktritt eines Staatssekretärs und von sieben Regierungsmitarbeitern hatte sich der parteiinterne Druck auf den Premierminister massiv zugespitzt. In der seit zehn Jahren unter Blairs Führung regierenden Labour-Partei wächst die Sorge über die immer geringere Popularität des Regierungschefs. Hintergrund sind eine Reihe von Regierungsskandalen sowie die Kritik in der Bevölkerung am Irak-Krieg und der britischen Haltung im Libanon-Konflikt.

Zusätzlich verringert werden könnte die Aussicht auf eine reibungslose Amtsübergabe durch Meinungsverschiedenheiten zwischen Blair und Schatzkanzler Gordon Brown. Britische Medien berichteten, bei jüngsten Sitzungen seien die beiden Politiker heftig aneinander geraten und hätten sich angeschrien. Brown gilt seit langem als Anwärter für die Blair-Nachfolge.

Umweltminister David Miliband, ein loyaler Blair-Unterstützer, warnte vor den Folgen, falls kein glatter Übergang gelinge. "Wir brauchen mehr als einen reibungslosen Übergang zu Gordon Brown - wir brauchen einen vitalisierenden, erfrischenden Übergang zu Gordon Brown", zitierte das Magazin "New Statesman" Miliband.

Blair schweigt und tritt nicht wieder an

Blair selbst hat bislang lediglich erklärt, er werde bei der spätestens 2009 anstehenden kommenden Parlamentswahl nicht mehr antreten. Hochrangige Regierungsmitglieder bemühten sich zuletzt bei Talk-Show-Auftritten, die überbordenden Spekulationen über einen bevorstehenden Rücktritt des Premiers einzudämmen.

Labour-Parteichef Hazel Blears sagte, falls es zu parteiinternen Streit komme, könne dies die Regierung für lange Zeit lähmen. In der Vergangenheit sei dadurch häufig die Auseinandersetzung mit den Konservativen in den Hintergrund gedrängt worden. Tory-Chef David Cameron sagte, die Labour-Partei befinde sich in der "Kernschmelze". Der Oppositionsführer liegt in den Meinungsumfragen weit vor Blair.

Erleidet er das gleiche Schicksal wie Thatcher?

Beobachter warnen bereits, Blair könne das gleiche Schicksal erleiden wie einst seine konservative Amtsvorgängerin Margaret Thatcher. Diese wurde durch eine Meuterei ihrer Parteifreunde abgelöst, als sie in deren Augen zu einer politischen Belastung geworden war. Blair habe als eine der beliebtesten politischen Führungsfiguren aller Zeit angefangen, sagte der Meinungsforscher Ben Page. Inzwischen sei er bereits unbeliebter als Thatcher bei ihrem Amtsende.

AP · DPA · Reuters
Reuters/DPA/AP