Der in Libyen in Haft sitzende Schweizer Geschäftsmann Max Göldi soll in einem Brief an den Sohn des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi um Vermittlung gebeten haben. Der wegen illegalen Aufenthalts in Libyen zu vier Monaten Gefängnis verurteilte Schweizer bat angeblich Saif al-Islam, sich für seine sofortige Freilassung "ohne Bedingungen" und seine Rückkehr in die Schweiz einzusetzen. Ein Sprecher der Schweizer Sektion von Amnesty International zeigte sich am Mittwoch verwundert, dass es einen neuen Brief Göldis geben soll. Davon sei weder Amnesty noch der Familie Göldis etwas bekannt. Der Anwalt des Schweizers war zunächst nicht zu erreichen.
Der 37-jährige Sohn des Revolutionsführers, der bereits in mehreren internationalen Geiselkrisen vermittelt hatte, äußerte sich ebenfalls zunächst nicht. Der vermeintliche Brief Göldis war am Dienstagabend auf der Website Oaelibya.com veröffentlicht worden. Auch die von Saif al-Islam geleitete Gaddafi-Wohltätigkeitsstiftung wollte sich zu dem Fall am Mittwoch nicht äußern.
Die Zeitungs-Website, von der Göldis Brief veröffentlicht wurde, ist Teil eines reformorientierten libyschen Medienkonzerns, der mit der mit Hilfe von Saif al-Islam gegründet worden war. In dem angeblich neuen Brief bezeichnet sich Göldi selbst als politischen Gefangenen.
Laut Amnesty International sitzt Göldi in einer Zelle ohne Fenster. Er könne aber täglich eine Stunde an die frische Luft in den Hof. Göldi erhalte regelmäßig, fast täglich, Besuch von Vertretern der Schweizer Botschaft in Tripolis und von seinem Anwalt. Seine Die Familie werde zudem regelmäßig von den Schweizer Behörden über seine Lage informiert.
Göldi und ein zweiter Schweizer Geschäftsmann tunesischer Herkunft waren, nachdem Gaddafis Sohn Hannibal im Sommer 2008 in Genf wegen der angeblichen Misshandlung von Hausangestellten vorübergehend festgenommen worden war, in Libyen festgesetzt und vor Gericht gestellt worden. Der gebürtige Tunesier konnte Libyen später verlassen. Göldi, der in der Haft eines Tages überraschend Besuch von Hannibal al-Gaddafi bekam, sitzt seit dem 22. Februar in Tripolis im Gefängnis. Er hat also inzwischen die Hälfte seiner Strafe verbüßt.
Die "Affäre Hannibal" und ihre Folgen hatten in den vergangenen Monaten auch die Europäische Union beschäftigt, weil die Schweiz - um Druck auf Libyen auszuüben - vorübergehend 188 prominenten Libyern die Einreise verweigert hatte. Dieses Verbot wurde automatisch auch auf alle europäischen Staaten ausgedehnt, die zum Schengen-Raum gehören. Der über die Behandlung seines Filius in der Schweiz immer noch empörte Gaddafi verbot allen Bürgern der Schengen-Staaten im Gegenzug die Einreise nach Libyen. Der Visa-Konflikt konnte dann Ende März am Rande des Arabischen Gipfels in Libyen beigelegt werden.