Im Fall der 30 inhaftierten Greenpeace-Aktivisten verweigert Russland eine Zusammenarbeit mit dem Internationalen Seegerichtshof in Hamburg. "Die russische Seite hat die Niederlande und den Internationalen Seegerichtshof informiert, dass es die Verfahrensprozedur wegen des Schiffs "Arctic Sunrise" nicht anerkennt und auch nicht vorhat, an den Verhandlungen (...) teilzunehmen", teilte das Außenministerium in Moskau am Mittwoch mit. Russland habe das UN-Seerechtsübereinkommen 1997 nur teilweise ratifiziert. So habe Moskau damals betont, keine Entscheidungen anzuerkennen, welche die nationale Souveränität einschränkten.
Der Seegerichtshof in Hamburg wird vermutlich dennoch über den Fall der "Arctic Sunrise" verhandeln. "Abwesenheit oder Versäumnis einer Partei, sich zur Sache zu äußern, stellt kein Hindernis für das Verfahren dar", heißt es im Statut des Seegerichtshofs. "Erscheint eine der Parteien nicht vor dem Gerichtshof oder unterlässt sie es, sich zur Sache zu äußern, so kann die andere Partei den Gerichtshof ersuchen, das Verfahren fortzuführen und seine Entscheidung zu fällen." Der Präsident des Gerichtshofs, der Japaner Shunji Yanai, werde in den kommenden Tagen einen Verhandlungstermin festsetzen, sagte eine Sprecherin in Hamburg.
Herausgabe der "Arctic Sunrise" gefordert
Greenpeace kritisierte die russische Haltung. "Russland kann sich nicht aussuchen, welche Teile der Seerechtskonvention gelten", sagte Greenpeace-Experte Daniel Simons in Amsterdam. Die Einschränkungen Russlands bei der Ratifizierung des Abkommens seien für den aktuellen Fall nicht zutreffend. "Wenn die Russische Föderation der Meinung ist, dass der Internationale Seegerichtshof nicht urteilen kann, dann wäre es der normale und angemessene Weg, das bei der Verhandlung vorzubringen." Positiv sei zu werten, dass Russland auch erklärt habe, es bleibe offen für eine Lösung der Situation.
Den Haag hatte am Montag den Seegerichtshof angerufen und die sofortige Freilassung der Besatzungsmitglieder sowie die Herausgabe der "Arctic Sunrise" selbst gefordert. Das unter niederländischer Flagge fahrende Schiff war Mitte September nach einem spektakulären Protest gegen russische Ölbohrungen in der Arktis von Sicherheitskräften geentert werden. Die 30 Männer und Frauen sind in der Hafenstadt Murmansk inhaftiert. Ihnen drohen wegen bandenmäßiger Piraterie, so lautet der Vorwurf der russischen Justiz, jeweils bis zu 15 Jahre Haft.