Irak Saddams Stimme überführt "Chemie-Ali"

Saddam Hussein ist tot, aber im Gerichtssaal scheint der Geist des Despoten weiterzuleben: Im Prozess zum Völkermord an über 180.000 Kurden spielt die Stimme des hingerichteten Diktators eine wichtige Rolle.

Neun Tage nach der Hinrichtung von Saddam Hussein hat das irakische Sondertribunal den Völkermordprozess gegen die Mitangeklagten des ehemaligen Diktators fortgesetzt. Zum Auftakt der Sitzung stellte der Vorsitzende Richter Mohammed al-Urejbi auch formal das Verfahren gegen Saddam ein, der in einem anderen Prozess wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Tode verurteilt worden war. Im Gerichtssaal erklang die Stimme des Ex-Präsidenten jedoch von Tonbändern, auf denen er mit seinem als "Chemie-Ali" bekannten Vetter über den Einsatz chemischer Waffen gegen die Kurden diskutiert. Im Westen der Hauptstadt griffen Unbekannte einen mit Arbeitern besetzten Bus an und töteten 15 Menschen.

Viele irakische Kurden bedauern, dass Saddam vor einem Urteil in dem Völkermordprozess exekutiert wurde. Der Staatsanwaltschaft zufolge wurden während der Offensive "Anfal" im Jahr 1988 rund 180.000 Menschen getötet, viele von ihnen vergast. Saddams Vetter Hassan al-Madschid und fünf weiteren Mitgliedern der ehemaligen irakischen Führung droht in dem Verfahren die Todesstrafe. Der bisher von Saddam benutzte Stuhl blieb leer. Richter Urejbi ließ verhindern, dass Madschid zum Auftakt der Sitzung ein Gebet für den Hingerichteten verlas.

Tonbänderüberführen Madschid

Auf den Tonbändern war zu hören, wie Madschid mit Saddam über den geplanten Giftgaseinsatz spricht. "Ich werde sie mit chemischen Waffen angreifen und sie alle und jeden töten, der etwas sagt", sagt eine Stimme, die der Anklage zufolge die von Madschid ist. "Ja das ist, so wie wir es verstehen, effektiv, besonders bei denen, die nicht sofort eine Gasmaske aufziehen", hört man Saddam. Der Ex-Präsident war in einem ersten Gerichtsverfahren um die Ermordung von 148 schiitischen Dorfbewohnern zum Tod durch den Strang verurteilt und am 30. Dezember hingerichtet worden.

Reuters
Reuters