Fragen und Antworten Israel beschwört "neue Phase" des Krieges – ist das die große Bodenoffensive?

  • von Verena Hölzl, Tel Aviv
Nach israelischen Angriffen steigt Rauch im Norden des Gazastreifens auf
Nach israelischen Angriffen steigt Rauch im Norden des Gazastreifens auf
© Aris Messins / AFP
Drei Wochen nach Massakern islamistischer Terroristen hat die israelische Armee Angriffe auf den Gazastreifen verstärkt. Was passiert da im Nahen Osten? Der stern liefert einen Überblick.

Was ist seit vergangener Nacht passiert?

Die israelischen Streitkräfte sind eigenen Angaben zufolge in der Nacht auf Samstag in den Gazastreifen eingedrungen und haben ihre Militäroperation dort ausgeweitet. "Unsere Soldaten sind immer noch im Feld und setzen den Krieg fort", sagte Militärsprecher Daniel Hagari am Samstagmorgen. Seitdem steht die Frage im Raum, ob es sich dabei um den Beginn der angekündigten großen Bodenoffensive gegen die Hamas handelt oder nicht.  

Verteidigungsminister Yoav Gallant teilte am späten Nachmittag mit, dass Israel bis auf Weiteres mit der Operation fortfahren werde. "Die Erde in Gaza bebte", sagte er. "Wir haben überirdisch und unterirdisch angegriffen, wir haben Terror-Drahtzieher verschiedener Ränge angegriffen, und zwar überall." Es ist nicht das erste Mal, dass israelische Soldaten seit dem Angriff der Hamas am 7. Oktober in den Gazastreifen eingedrungen sind. Allerdings hielten sich die Streitkräfte bisher jedes Mal nur vorübergehend in der Enklave auf.

Ist das jetzt die große Bodenoffensive?

Was feststeht ist, dass der Krieg in eine neue Phase eingetreten ist. Das israelische Militär hat die Operation nicht als die zuvor angekündigte große Bodenoffensive bezeichnet, stattdessen lediglich davon gesprochen, dass im Gazastreifen die "Bodenaktivitäten ausgeweitet" worden sind. "Es handelt sich um einen Krieg mit mehreren Phasen, und wir sind jetzt zur nächsten Stufe übergegangen", sagte Generalleutnant Herzi Halevi in einer Videoaufnahme. "Unser Feind ist mit hunderten Toten und zerstörter Infrastruktur konfrontiert."

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An der Grenze zum Libanon im Norden Israels sei man in erhöhter Alarmbereitschaft für etwaige Angriffe der Hisbollah. Analysten glauben, dass mit den jüngsten Operationen der bevorstehende schwierige Häuserkampf im Gazastreifen vorbereitet werden soll.  

Was wissen wir aus dem Gazastreifen?

Die Bewohner des Gazastreifens durchlebten eine Nacht intensiver Bombardierungen und waren außerdem mit einem zeitweise kompletten Internet-Blackout konfrontiert. Mehrere internationale Organisationen berichten auf X, ehemals Twitter, dass sie die Nacht über oder nach wie vor keinen Kontakt mehr zu ihren Mitarbeitern im Gazastreifen hätten. Das israelische Militär hat Zivilisten im Gazastreifen am Samstag erneut aufgerufen sich "zu ihrer eigenen Sicherheit" in den Süden zu flüchten. Journalisten und Zivilisten im Gazastreifen berichten von einem Ausmaß der Angriffe, das sie bisher noch nicht kannten. Catherine Russell, die Direktorin des UN-Kinderhilfswerks Unicef schrieb auf X: "Die Situation in Gaza ist grauenvoll."

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Wie reagiert man im Ausland?

Die Verbündeten Israels haben auch heute wieder ihre Unterstützung zugesichert. John Kirby, Sprecher für nationale Sicherheit im Weißen Haus, sagte in einem Interview, "Israel haben jedes Recht und auch die Verantwortung sich selbst zu verteidigen". Der britische Außenminister James Cleverly äußerte sich ähnlich. Kirby stellte Israel weitere Unterstützung der USA für den Krieg in Aussicht. UN-Generalsekretär Antonio Guterres rief auf X am Samstag erneut zu einem Waffenstillstand auf. Er forderte außerdem die Freilassung der Geiseln und Zugang für humanitäre Hilfsgüter für die Zivilisten im Gazastreifen, wo sich "vor unseren Augen eine humanitäre Katastrophe" abspiele. Auch die Hamas gab eine Stellungnahme ab und berichtete von Gefechten mit israelischen Soldaten in der nordöstlichen Stadt Beit Hanoun. Die Kassam-Brigaden, der militärische Arm der Hamas, seien bereit der israelischen "Aggression mit voller Stärke" zu begegnen.

Wie reagieren die Angehörigen der Geiseln?

Die Familien der in den Gazastreifen verschleppten mehr als 220 Geiseln verfolgten die Entwicklungen am Freitagabend mit großer Sorge. Sie kritisieren, dass die Regierung sie nicht ausreichend informiert und sie sind angesichts der ausgeweiteten Militäroperationen im Gazastreifen besorgt um die Sicherheit der Geiseln. Premierminister Benjamin Netanjahu kam am Samstagabend Forderungen der Angehörigen nach einem Treffen mit ihnen nach.

wue