Italien NS-Verbrecher Priebke macht stilecht Urlaub

In Italien wurde NS-Kriegsverbrecher Erich Priebke zu lebenslanger Haft verurteilt. Nun darf er Hafturlaub am Lago Maggiore machen - und wohnt ausgerechnet in der ehemaligen Villa eines hohen Gestapo-Offiziers.

Sieben Jahre ist es her, da wurde NS-Kriegsverbrecher Erich Priebke von einem Militärgericht in Rom zu lebenslanger Haft verurteilt. Selten hatte ein Prozess in Italien so viel Aufsehen erregt - und viele waren mehr als froh darüber, dass der ehemalige SS-Hauptsturmführer 55 Jahre nach dem NS-Massaker in den Ardeatinischen Höhlen doch noch zur Verantwortung gezogen wurde. Jetzt macht der heute 92-Jährige Urlaub und genießt zwischen Zypressen und Olivenbäumen die Sonne am Lago Maggiore - im früheren Haus eines hohen SS-Manns. "Skandalöse Ferien", kommentierte die Zeitung "La Repubblica".

Die von einem römischen Richter gewährten Sommerferien des Ex- Nazis machen Schlagzeilen in Italien. Zu gut ist den Menschen der grausame Vergeltungsschlag in Erinnerung, bei dem am 4. März 1944 insgesamt 335 italienische Zivilisten erschossen wurden. Das Massaker, an dem Priebke beteiligt war, gilt als das schwerste Kriegsverbrechen in Italien während der deutschen Besetzung Roms. Schlagzeilen gab es bereits vor Jahren, als ein Richter dem alten Mann Hausarrest gewährte: Seine Gesundheit sei für einen Aufenthalt im Gefängnis zu angeschlagen, hieß es damals. Aber die jüngste Entscheidung, Priebke den Sommer in einer der schönsten Urlaubsgegenden des "Bel Paese" verbringen zu lassen, brachte bei vielen das Fass endgültig zum Überlaufen.

Entspannen in der Gestapo-Villa

Er habe ein "mit den Haftregeln konformes Verhalten gezeigt" und sei zudem krank, hatte ein römischer Militärrichter die Urlaubs- Genehmigung begründet. "Den Hausarrest in Rom können wir ja noch akzeptieren, aber die Ferien am See nicht. Das ist eine Beleidigung", schimpfte ein Kommunalpolitiker. Und damit nicht genug: Was die Menschen besonders verärgert, ja verstört, ist sein Feriendomizil. Das Anwesen mit Garten auf einem Hügel in Cardana di Besozzo gehörte in früheren Zeiten Hermann Bickler, der während des Weltkriegs ein hoher Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes der SS in Paris war. "Priebke macht Urlaub in der Villa eines Ex-Gestapo-Mannes", titelte "La Repubblica". Dass Priebke dabei von italienischen Sicherheitskräften ständig überwacht wird, tröstet die meisten nur wenig.

Schließlich hatte es der frühere SS-Mann Jahrzehnte lang geschafft, einer Verurteilung zu entgehen. Erst 1994 spürte ihn ein US-Fernsehteam im südargentinischen Anden-Kurort San Carlo de Bariloche auf. Er wurde verhaftet und später nach Italien abgeschoben. Immer wieder sorgte Priebke seither für Aufsehen, so etwa 2001, als er gegen zwei italienische Journalisten, die ihn in einem Artikel als "Henker" bezeichnet hatte, Schadensersatz in Höhe von 500.000 Euro forderte. Die Klage wurde abgeschmettert. Oder 2003, als er bei Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi ein Gnadengesuch einreichte, das ebenfalls abgelehnt wurde. Auch in diesem Sommer ist er nun wieder in aller Munde: "Er ist eine unerwünschte Person. Er hat schreckliche Verbrechen begangen und wir können nicht vergessen, was er getan hat", heißt es am Lago Maggiore.

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Carola Frentzen/DPA