Silvio Berlusconi hat Rom erst einmal mit dem Flugzeug verlassen - raus aus dem Schlamassel der Regierungskrise und des Parteiengezänks. Zumindest das Wochenende verbringt er in seinem geliebten Luxus-Refugium auf Sardinien. Das staatliche Fernsehen berichtete über den Abflug des italienischen Ministerpräsidenten wie über eine Flucht in großer Not. Schnell und ziemlich unerwartet hat sich die Regierungskrise in Rom zugespitzt, unverhofft rasch ist ihm das Ruder in seiner Vier-Parteien-Koalition entglitten. "Der Cavaliere hat das Spiel verloren", schreibt die römische Zeitung "La Republica" am Sonntag. Ist Berlusconi am Ende?
Als er im Juni 2001 sein Amt antrat, war dem Medien-Unternehmer kein Ziel zu hoch. "Ich werde Italien verändern", prophezeite er. Sein größter Wahlkampf-Gag war sein "Vertrag mit den Italienern", vor laufenden TV-Kameras unterschrieben. Darin versprach er Steuererleichterungen großen Stils, milliardenschwere Infrastrukturprojekte und allerlei weitere Wohltaten. Vor allem aber wollte er einen Rekord aufstellen: Als erster Regierungschef der Nachkriegszeit wollte er eine gesamte Legislaturperiode "durchregieren", fünf lange Jahre. Schluss mit dem Parteien-Hickhack, das er verachtend "Teatrino" nennt - "kleines Theater" heißt das streng übersetzt, Berlusconi meinte aber wohl eher "Schmierenkomödie".
Getriebener einer "Drei-Prozent-Partei"
Doch was jetzt über das Wochenende in Rom in Gang gekommen ist, erinnert an bestes "teatrino" in den 60er und 70er Jahren, als unter der Vorherrschaft der einst allmächtigen Democrazia Cristiana, der Christdemokraten, italienische Regierungen im Durchschnitt kürzer dauerten als eine Schwangerschaft. Ausgerechnet Berlusconi, noch gestern unumschränkter Herr im Regierungslager, wird zum Getriebenen einer Drei-Prozent-Partei. "Ich weiß gar nicht, warum ich zurücktreten soll?", fragt er sich. Im gleichen Atemzug droht er aber mit Neuwahlen.
Doch glaubt man den Auguren, könnte alles auf einen Bruch der 59. italienischen Nachkriegsregierung hinauslaufen. Bereits an diesem Montag habe Berlusconi einen Termin bei Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi reservieren lassen, formell gehe es aber lediglich um den Rücktritt der vier christdemokratischen Kabinettsmitglieder, hieß es in Rom. Aber nach den gezielten Provokationen der kleinen christdemokratischen UDC-Partei habe Berlusconi nicht mehr viele Optionen, um den Bruch zu vermeiden. Immerhin sind im Innenministerium schon Vorbereitungen für Neuwahlen angelaufen. Bereits im Juni könnte es so weit sein. "Wir sind vorbereitet", verlautet aus dem Innenministerium.
Unmut wächst
Berlusconi, der Chef der Partei Forza Italia und Multi-Milliardär als Getriebener einer Nachfolge-Partei der Democrazia Cristiana - noch vor ein paar Monaten wäre das alles undenkbar gewesen. Regelrecht vorgeführt wird Berlusconi von UDF-Chef Marco Follini, den er erst im vergangenen Sommer ins Kabinett geholt hatte.
Ursache des Schlamassels ist nicht ausschließlich die schwere Schlappe bei der Regionalwahl Anfang des Monats. Schon seit längerem läuft es nicht gut für Berlusconi. Vor allem die Unzufriedenheit über die steigenden Preise hat sich im Land bedrohlich gesteigert; auch im Kabinett hakt seit Monaten. Schon sieht der neue "starke Mann" der Linken, Ex-EU-Kommissionspräsident Romano Prodi, seine Chance. Nur: Ein Rücktritt würde nicht gleich das politische Aus für Berlusconi bedeuten. Dann müsste die 60. Nachkriegsregierung gebildet werden, ihr Ministerpräsident hieße sicherlich Silvio Berlusconi - erst später könnte es dann Neuwahlen geben.