Alles wird von den Verhandlungen abhängen", sagte Abdul Rassak Naduri. Er ist der stellvertretende Leiter des libyschen Militärrates von Tarhuna, das auf halben Weg zwischen Tripolis und Bani Walid liegt. "Wenn sie sich weigern (aufzugeben), dann werden wir vorrücken. Wenn die Verhandlungen gut verlaufen, werden wir ohne Kämpfe in die Stadt einziehen." Er betonte, es handle sich um "die letzte Chance" für die Gaddafi-Anhänger. Bis zum Sonntagmorgen habe er ihnen Zeit gegeben, sich zu ergeben.
Kurz vor Naduris Ankündigung weiterer Verhandlungen hatte der Kommandeur des Kontrollpostens Tschitschan rund 70 Kilometer nördlich von Bani Walid, Mohammed el Fassi, die Gespräche mit den Gaddafi-Kämpfern für beendet erklärt. "Diese Leute sind nicht ernstzunehmen. Sie haben uns zweimal versprochen, aufzugeben und diese Versprechen nicht eingehalten." Die Kämpfer würden sich jetzt auf einen Angriff auf Bani Walid vorbereiten. Der Innenminister des Übergangsrates, Ahmed Dharrat, sagte am Sonntag in der Hauptstadt Tripolis, Bani Walid werde "heute oder morgen" befreit.
Gaddafis Sohn soll in Bani Walid sein
Nahe Bani Walid gab es in der Nacht zum Sonntag bereits vereinzelt Gefechte, wie ein Sprecher des Nationalen Übergangsrates sagte. In der Stadt selbst soll es aber noch keine Kämpfe gegeben haben. Nach Angaben von geflüchteten Bewohnern haben viele Gaddafi-Kämpfer Bani Walid inzwischen verlassen und sich mit schweren Waffen in die Berge zurückgezogen.
Mehrere Vertraute des flüchtigen Gaddafi sowie sein Sohn Saadi sollen sich in der rund 180 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Tripolis gelegenen Stadt aufhalten. Die Stadt galt auch als mögliches Versteck von Gaddafi selbst, Vertreter des Übergangsrats vor Ort vermuten ihn aber inzwischen nicht mehr dort.
Libyen-Konferenz Ende September in New York geplant
Der Vertreter des Nationalen Übergangsrats in London, Guma el Gamati, sprach sich für den Fall der Ergreifung Gaddafis gegen einen Prozess vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag aus. Gaddafi müsse in Libyen der Prozess gemacht werden, sagte er dem Rundfunksender BBC. Dabei dürfe es nicht nur um mögliche Verbrechen während der vergangenen sechs Monate gehen, wie es Den Haag plane, sondern um die gesamte 42 Jahre währende Herrschaft.
Frankreichs Außenministers Alain Juppé kündigte am Samstag am Rande eines EU-Außenministertreffens im polnischen Sopot an, die nächste internationale Libyen-Konferenz werde am 20. September in New York stattfinden. Gastgeber werde die UNO sein. Zuletzt hatte sich die internationale Gemeinschaft am Donnerstag in Paris zu einer Libyen-Konferenz getroffen. Italiens Außenminister Franco Frattini warnte am Sonntag davor, in Libyen den gleichen "großen Fehler" wie im Irak nach dem Sturz von Saddam Hussein zu begehen und alle staatlichen Strukturen zu zerstören.