Karikaturen-Streit Demonstranten stürmen Botschaftsviertel in Islamabad

Rund 20.000 Menschen protestieren in Pakistan gegen die Mohammed-Karikaturen. Währenddessen versichert EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso Dänemark die volle Solidarität.

Mehr als 1.000 Demonstranten haben das stark gesicherte diplomatische Viertel der pakistanischen Hauptstadt Islamabad gestürmt. Die Menge protestierte vor der britischen und der französischen Botschaft gegen die Mohammed-Karikaturen, bevor sie von der Polizei mit Tränengas vertrieben wurde.

Die Teilnehmer der Protestaktion in Islamabad betraten das diplomatische Viertel durch das Haupttor, das von einigen Polizisten bewacht wurde, die aber nicht eingriffen. Das Personal der amerikanischen, britischen und französischen Botschaften zog sich aus Sicherheitsgründen in die Gebäude zurück.

Respekt für alle Religionen

"Es gib keine Hinweise, dass die Demonstranten aggressiv oder gewalttätig waren", sagte ein britischer Diplomat. Die Fensterscheiben einer Bank gingen zu Bruch. Insgesamt demonstrierten in Islamabad etwa 4.000 Menschen, die meisten von ihnen Studenten, gegen die Mohammed-Karikaturen. Vor dem Botschaftsviertel zerschlugen sie Straßenlaternen und setzten Autoreifen in Brand. Sie riefen "Tod den USA" und andere antiwestliche Parolen. Etwa 50 Demonstranten wurden festgenommen. Rund 50 Abgeordnete zogen vom Parlament zum Botschaftsviertel und forderten Respekt für alle Religionen.

In Lahore kam es zur bisher größten Demonstration gegen die Karikaturen in Pakistan. Etwa 15.000 Menschen versammelten sich in der Innenstadt. Die Polizei setzte Tränengas und Schlagstöcke ein, nachdem Demonstranten Autos beschädigt und ein Porträt von Präsident Pervez Musharraf zerstört hatten. Ein Polizeisprecher sagte, acht Demonstranten und drei Beamte seien bei einer Auseinandersetzung verletzt worden.

"Besser zu viel veröffentlichen"

Erst am Montag hatten in der nordwestlichen Stadt Peshawar 7.000 Muslime demonstriert und die Fenster von Universitätsgebäuden eingeschlagen. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso stellte sich in dem Disput hinter Dänemark. Er sagte der dänischen Zeitung "Jyllands-Posten", die die Zeichnungen als erste veröffentlicht hatte, die Meinungsfreiheit sei ein "fundamentaler Wert" in Europa. "Es ist besser, zu viel zu veröffentlichen, als keine Freiheit zu haben." Es war das erste Mal, dass sich der EU-Kommissionschef direkt zu dem Konflikt äußerte. Er erklärte, Dänemark sei traditionell ein offenes, tolerantes und freies Land, das bekannt sei für seine guten Beziehungen zu verschiedenen Kulturen. Außerdem gehöre Dänemark zu den größten Gebern von Entwicklungshilfe in Europa. Barroso sagte Dänemark die "volle Solidarität" der EU-Kommission zu. Er verstehe, dass die Karikaturen viele Muslime verletzt hätten, aber "das rechtfertigt keine Gewalt".

Annan fordert Schadenersatz

UN-Generalsekretär Kofi Annan liegen nach eigenen Angaben keine Beweise dafür vor, dass Syrien und der Iran antiwestliche Proteste wegen der Mohammed-Karikaturen geschürt haben könnten. US-Außenministerin Condoleezza Rice hatte entsprechende Anschuldigungen erhoben. In einem Interview des Senders CNN sagte Annan am Montag, derartige Proteste habe es weltweit gegeben. Syrien und der Iran trügen aber dieselbe Verantwortung wie alle anderen Staaten, Angriffe auf diplomatische Vertretungen zu verhindern. "Sie hätten das beenden sollen", sagte Annan. Sollten sie dazu nicht in der Lage gewesen sein, sollten sie bereit sein, den betroffenen Regierungen den entstandenen Schaden zu ersetzen.

AP
AP