Kirgisien Straßenschlacht mit Sicherheitskräften

Hunderte Demonstranten haben den Regierungssitz in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek gestürmt und den Rücktritt von Übergangspräsident Bakiew gefordert. Mit Tränengas jagte die Polizei die Menschen durch die Straßen.

Nach dem Regierungsumsturz Ende März ist die Lage in Kirgisien immer noch angespannt. Mehr als 1000 Soldaten und Polizisten sind am Freitag in der Hauptstadt Bischkek gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen. Mit Tränengas und Luftschüssen jagten die Sicherheitskräfte die Menschen durch die Straßen. Die Menge habe die Beamten mit Steinen und Flaschen beworfen, meldete die russische Agentur Interfax aus dem Land.

Pfeifkonzert gegen Polizei

Zuvor hatten mindestens 150 Demonstranten das Regierungsgebäude gestürmt und den Rücktritt von Übergangspräsident Kurmanbek Bakiew gefordert. Die Polizei habe keine Anstrengungen unternommen, die aufgebrachten Demonstranten abzuhalten, berichtete eine Korrespondentin der Nachrichtenagentur Reuters. Nach der Räumung des Regierungssitzes umstellten mehrere hundert Polizisten das Gebäude, aus dem zuvor zahlreiche Mitarbeiter geflohen waren. Die aufgebrachten Demonstranten versammelten sich derweil erneut, um den Polizisten mit Pfeifkonzerten entgegenzutreten. Zwei Sicherheitskräfte wurden verletzt und wurden zur Behandlung fortgebracht.

Insgesamt waren rund 2000 Menschen auf die Straße gegangen, um die Zulassung des von ihnen unterstützten Kandidaten, Urmatbek Baryktabasow, zu den Präsidentenwahlen am 10. Juli zu erreichen. Das Parlament des zentralasiatischen Staates berief eine Dringlichkeitssitzung ein, um die Situation zu diskutieren. Der amtierende Innenminister Murat Sulalinow warf Baryktabasow vor, die Unruhen organisiert zu haben. Die Demonstranten versuchten, einem Kasachen illegal eine Kandidatur für die Präsidentenwahl zu verschaffen, sagte er.

Eine Teilnehmerin des Protests, Farida Mambetakunowa, erklärte, Ziel der Aktion sei die Wahl Baryktabasows zum Präsidenten. "Wir werden hier warten, bis er die Erlaubnis erhält anzutreten", betonte sie. "Er hat uns Geld und Arbeit gegeben." Übergangspräsident Bakijew habe dagegen bisher noch nichts für die Bevölkerung getan.

Bakiew, derzeit Staatsgeschäfte führt, hatte sich zum Zeitpunkt der Erstürmung nicht in dem Regierungsgebäude aufgehalten. Aus Parlamentskreisen verlautete, er werde für die Notfallsitzung in die Hauptstadt kommen. Die Proteste hatten sich an der Entscheidung der zentralen Wahlkommission entzündet, den Kandidaten Baryktabasow nicht für die Wahlen im kommenden Monat zuzulassen. Die Kommission begründete den Ausschluss damit, dass Baryktabasow einen kasachischen Pass habe.

Konflikt um Privatisierungen

Seit dem Sturz des früheren Präsidenten Askar Akajew kämpfen verschiedene Parteien um die wirtschaftliche Vormacht. Im ganzen Land ist es zu illegalen Besetzungen von Grundstücken oder Firmen gekommen. In der Stadt Osch demonstrierten am Dienstag mehrere hundert Markthändler gegen Schutzgelderpressungen und verlangten die Wiederverstaatlichung des Basars, wie die staatliche Agentur Kabar meldete. Ihnen gegenüber standen 500 Männer, mit denen der Besitzer des Marktes, der Parlamentsabgeordnete Bajaman Erkinbajew, sein Eigentum schützen ließ. Am Vortag hatten Erkinbajews Sicherheitsleute auf eine Menge gefeuert, die sein Firmenbüro stürmen wollte, und dabei bis zu zwölf Menschen verletzt.

Am 10. Juli wird in Kirgisien ein neuer Präsident gewählt. Dabei gilt Bakijew als aussichtsreichster Kandidat. Der frühere Präsident Askar Akajew war kurz vor Ostern nach massiven Protesten ins russische Exil geflohen. Die damalige Opposition hatte ihm Fälschungen bei den vorangegangenen Parlamentswahlen vorgeworfen.

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AP/DPA/Reuters