Humanitäre Helfer Er Deutscher, sie Palästinenserin. Ihre Mission: Leben retten in Gaza

Thorsten Schroer und Hala Schabir arbeiten als Ärzte für die Hilfsorganisation Cadus in Gaza. Sie erleben den gleichen Krieg. Und doch ganz verschiedene Welten. 
Ein Krankenwagen der Berliner Hilfsorganisation Cadus vor zerstörter Kulisse in Gaza
Rettung an vorderster Front: Cadus-Mitarbeiter vor zerstörter Kulisse in Gaza
© Cadus

Wenn Thorsten Schroer nachts wach liegt, auf der Dachterrasse eines palmenumsäumten Hauses in Deir al-Balah, mitten in Gaza, kann er manchmal die israelischen Raketen sehen. Wie sie über ihn hinwegzischen, irgendwo im Dunkel der stromlosen Stadt einschlagen, nur wenige hundert Meter entfernt. Die Fenster im Haus klirren dann, die Druckwelle knallt die Türen zu. Schroer schaut still in den Kriegshimmel. Die Israelis kennen seine genauen Koordinaten. Er weiß: Hier ist er sicher. So sicher es eben sein kann im Krieg.

Nur wenige Kilometer südlich, in Chan Junis, schläft Hala Schabir im Erdgeschoss eines ramponierten vierstöckigen Wohnblocks. Die Löcher in den Wänden hat ihre Familie behelfsmäßig zubetoniert. Es gibt kein Leitungswasser, kein Internet, keinen Strom. Direkt gegenüber verwittert das, was einmal ihr Zuhause gewesen ist, als Schutthaufen am Straßenrand. Eigentlich haben die Israelis ihr Viertel zur humanitären Zone erklärt. Aber was heißt das schon in diesem Krieg? Wann immer Schabir morgens unversehrt aufwacht, denkt sie: "Al-Hamdu li-Llah! Ich liege nicht tot unter Trümmern!"

Schroer und Schabir. Der Deutsche, die Palästinenserin. Beide riskieren als Notfallmediziner für die Berliner Hilfsorganisation Cadus ihr Leben. Sie operieren an vorderster Front. Sie wollen retten, was in diesem gottverdammten Gaza noch zu retten ist. Sie arbeiten miteinander. Und leben nebeneinander.

Er, 43, Halbglatze und Vollbart, der Missionsleiter. Schon mit der Bundeswehr in Afghanistan und für die UN im Sudan gewesen. Ein humanitärer Helfer aus Überzeugung. Verlässt Gaza stets nach ein paar Wochen wieder und hat deshalb Gewissensbisse.

Sie, 29, schüchternes Brillengesicht unter babyblauem Kopftuch, lokale Mitarbeiterin. Hatte sich einst gegen den Vater durchgesetzt, um Ärztin zu werden. Nun denkt sie täglich an den Tod und bangt um das Leben ihrer Familie. Deshalb hat sie für diese Geschichte auch einen anderen Nachnamen bekommen.

In mehreren langen Gesprächen berichten die beiden dem stern von ihren Erlebnissen in Gaza, schicken Fotos, Videos, genaue Koordinaten, um Ereignisse nachvollziehbar zu machen. Er zunächst von vor Ort, später dann auch aus einer Berliner Wohnung mit Altbaustuck. Sie meldet sich übers wackelige Handynetz.

PRODUKTE & TIPPS

Kaufkosmos