Gefangen in Gaza Wie die Karlsruher Familie Tantish monatelang um ihre Ausreise aus dem Kriegsgebiet kämpfte

Plötzlich sind sie mitten in der Gefahrenzone: Familie Tantish aus Karlsruhe besucht Verwandte in Gaza, als dort der Krieg ausbricht. Sie will nach Hause. Ein Protokoll der schwersten Reise ihres Lebens.
Familie ist aus Gaza zurück
Endlich in Sicherheit: Familie Tantish in ihrem Wohnzimmer in Deutschland
© SchreiberPötter

Ein Innenhof in Deutschland, der Himmel ist klar, Vögel zwitschern. Vater und Sohn kicken sich einen Fußball zu. Ameer hat sein Tor eng aufgestellt, ein halber Meter zwischen zwei Gartenskulpturen, das scheint ihm altersgerecht für seine vier Jahre. Gegenüber soll Papa den gesamten Nachbarszaun abdecken. Fadi Tantish lässt einen Schuss nach dem anderen an sich vorbeisausen. Sein Junge reißt die Hände hoch, springt übers Kopfsteinpflaster, zählt seinen Vorsprung mit den Fingern: 7, 8, 9 – 10 : 4 für Ameer. Beide lachen.

Die Sonne scheint an diesem Tag Ende März in Eggenstein-Leopoldshafen, Landkreis Karlsruhe. Aber über dem unscheinbaren Mehrfamilienhaus liegt der Schatten des Krieges – über dem kindlichen Gemüt von Ameer, der Stimme von Vater Fadi, 36, den Augen der Mutter Haneen, 31, die eben noch ihren anderthalb Jahre alten Sohn Adam in den Schlaf wiegte und dabei apathisch aus dem Fenster blickte. Draußen ist kein Kampfjet am Horizont zu sehen. Doch wenn in der Wohnung eine Tür knallt, zucken die Tantishs noch immer zusammen.

Erschienen in stern 15/2024