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US-Militär und Coronakrise Kritik an Trump wird lauter – wagen die Republikaner den Aufstand gegen den Präsidenten?

In einer Videobotschaft spricht sich der ehemalige US-Verteidigungsminister Jim Mattis für das Tragen von Atemschutzmasken aus.
Sehen Sie im Video: Jim Mattis mit Maske – Ist seine Videobotschaft ein Seitenhieb gegen Trump?




Das Coronavirus hat die USA noch immer fest im Griff:


In einer Videobotschaft spricht sich der ehemalige US-Verteidigungsminister Jim Mattis für das Tragen von Atemschutzmasken aus.


"Lasst uns diese Gesichtsbedeckungen tragen und lasst uns zusammen daran arbeiten, Covid zu schlagen."


Das Video kann auch als indirekte Kritik an Donald Trump gewertet werden.


Denn der amtierende US-Präsident hat trotz der Corona-Krise in den USA bereits mehrfach öffentlich deutlich gemacht, wie wenig er von Atemschutzmasken hält.


Trump zeigt sich in der Öffentlichkeit stets ohne Maske und verspottete den Präsidentschaftskandidaten der Demokraten, Joe Biden, wegen des Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes.


Es wäre nicht das erste Mal, dass Mattis seinen ehemaligen Chef kritisiert.


Bereits Anfang Juni findet der Ex-Pentagonchef deutliche Worte für Trump und dessen Politik:


Trump sei laut Mattis "der erste Präsident zu meinen Lebzeiten, der nicht versucht, das amerikanische Volk zu einen – der nicht einmal vorgibt, es zu versuchen (…) Stattdessen versucht er, uns zu spalten." – Jim Mattis, Gastbeitrag in "The Atlantic"


Mattis war im Dezember 2018 von seinem Posten als US-Verteidigungsminister zurückgetreten.


Sein Rücktritt erfolgte einen Tag, nachdem Trump angekündigt hatte, US-Truppen aus Syrien abzuziehen und wird als Kritik dieser Maßnahme verstanden.

Jahrelang haben die regierenden Republikaner zu jeder noch so bizarren Eskapade von Donald Trump geschwiegen. Doch immer häufiger wagen sich nun kritische Stimme vor. Droht dem Präsidenten ein Aufstand aus den eigenen Reihen?  

Steve Schmidt ist einer dieser Republikaner, die in ihrer Parteikarriere schon alles gesehen und für jeden gearbeitet haben. Allein deswegen ist sein jüngster Wutausbruch auf MSNBC bemerkenswert: Donald Trump sei der "schlechteste Präsident, den wir je hatten. Er ist, ich muss es so sagen, ein Idiot. Er hat versprochen, das Land wieder groß zu machen, aber alles, was er bringt, ist Tod, Leid und ein Wirtschaftszusammenbruch monumentalen Ausmaßes", schimpfte er. Nun ist der frühere Wahlkampfmanager Schmidt ein erklärter "Never-Trumper", er hat sogar ein inner-republikanisches Projekt gegründet, um den eigenen Präsidenten abzuwählen. Bislang aber war ein solcher parteiinterner Widerstand selten – doch mittlerweile wird er lauter.

Republikanische Politik in Reinkultur

Über das unterwürfige Verhalten vieler Konservativer zum US-Präsidenten ist schon viel geschrieben worden. Mal ist die Rede von einer feindlichen Übernahme der Republikaner durch Trump, mal davon, dass er für viele Parteigänger vor allen als nützlicher Idiot gilt. Sicher ist: Seit 50 Jahren hat es keinen Präsidenten mehr aus den eigenen Reihen gegeben, der republikanische Wirtschaftspolitik in Reinkultur betreibt wie der Amtsinhaber. Steuersenkungen, Deregulierung für ganze Branchen, zahllose konservative Richterernennungen lassen viele Republikaner über Trumps Eskapaden hinwegsehen. 84 Prozent der Basis gefällt aktuell die Politik des Präsidenten.

Die Stimmung unter den konservativen Abgeordneten und Parteioberen dagegen wird deutlich widerborstiger. Selbst Lindsey Graham, der unerschrocken auch Trumps hanebüchenste Stunts verteidigt, wagte indirekt Kritik am Präsidenten. Anlass war die Entschuldigung des obersten Generals des Landes, Mark Milley. Der hatte sich in Uniform zusammen mit Donald Trump vor einer Kirche in Washington ablichten lassen – ein umstrittener Auftritt, weil zuvor friedliche Demonstranten von dem Platz verscheucht worden waren. Milley sagte, es täte ihm leid, der Fototermin sei ein Fehler gewesen. Graham wiederum unterstützte daraufhin den Top-Militär – Trump dürfte es aufmerksam registriert haben.

Republikanerin sagt offen ihre Meinung

Über seine im November anstehende Wiederwahl in den Senat muss Graham nicht besonders fürchten, anders als andere Republikaner, die sich mit dem Mann im Weißen Haus angelegt haben. Denn Trumps Rache bedeutet nicht selten das politische Aus – der Präsident nutzt oft seinen Einfluss, um Kritiker zu disziplinieren. So drohte er jüngst Lisa Murkowski, eine moderate Senatorin aus Alaska, offen damit, jeden zu unterstützen, der bei der Wahl gegen sie antrete. "Ganz egal, ob gut oder schlecht", wie er twitterte. Murkowskis Vergehen: Sie hatte Trumps früheren Verteidigungsminister Jim Mattis Recht gegeben, der dem Präsidenten vorgeworfen hatte, Zwietracht zu sähen. Die Senatorin sprach davon, es sei an der Zeit seine Meinung zu sagen. Vielleicht spürt sie, dass bei den Republikanern etwas ins Rutschen gerät.

Die aktuellen Umfragen jedenfalls tragen nicht zur Beruhigung bei. Beim Präsidentschaftsduell Donald Trump gegen Joe Biden liegt der demokratische Herausforderer zwischen zehn bis zwölf Prozentpunkte vor dem Amtsinhaber. Besonders bitter sind dabei die Zahlen aus eher konservativen Bundesstaaten wie Texas, Iowa und Georgia, in denen Donald Trump 2016 gewonnen hat. Dort liegt er mittlerweile mit Biden auf Augenhöhe. Nicht viel besser die Daten für den Kongress: Stand jetzt deutet vieles daraufhin, dass die Demokraten in beiden Parlamentskammern die Mehrheit gewinnen. Viele konservative Abgeordnete könnten ab November ohne Mandat dastehen.

Die Parteivertreter müssen zudem Entscheidungen rechtfertigen oder mittragen, die im Weißen Haus getroffen werden und nicht immer als geschickte Pläne gelten. Wie zum Beispiel der angekündigte Abzug von 10.000 Soldaten aus Deutschland. Diese Entscheidung ist von Donald Trump in erster Linie als "Strafmaßnahme" gegen die deutsche Regierung gedacht, trifft aber vor allem das eigene Militär. Denn die Basen in Deutschland dienen den Amerikanern als Drehkreuz für ihre Einsätze wie etwa im Irak. Deshalb regt sich nun Widerstand gegen den Plan bei den Republikanern im Repräsentantenhaus. "Der Abzug von US-Soldaten könnte die Nationale Sicherheit der USA gefährden, könnte den russischen Präsidenten Wladimir Putin stärken", heißt es von einer Gruppe von sechs Abgeordneten.

Vor allem Militär kritisiert Donald Trump

Dass die lauter werdende Kritik an der Amtsführung auffällig oft aus Reihen des Militärs kommt, wird Präsident Trump besonders übel aufstoßen. Nicht nur, weil er Veteranen und deren Familien als natürliche Verbündete sieht, sondern auch, weil sie aus berufenden Mund Zweifel an seiner Fähigkeit sät, das Land als Oberbefehlshaber zu führen. Exakt diese Stoßrichtung hat übrigens auch das nun erschienene Buch seines früheren Sicherheitsberaters John Bolton. Wagen die Republikaner wenige Monate vor der Wahl nun doch den Aufstand gegen ihren Präsidenten oder zumindest ein Aufständchen?

Quellen: CNN, DPA, "New York Times", AFP, FiveThirtyEight, Welt, "LA Times", Lincoln Project; MSNBC

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