Binnen einer Woche ist die Lage in Libyen eskaliert. Nach vier Jahrzehnten an der Macht scheint Gaddafi die Kontrolle über weite Teile des Landes verloren zu haben. Mehrere hundert Menschen sollen laut Menschenrechtsorganisationen bei den Unruhen ums Leben gekommen sein.
Mittwoch, 16. Februar
In der Nacht zum Mittwoch löst die Polizei gewaltsam eine Sitzblockade in der zweitgrößten libyschen Stadt Bengasi im Nordosten des Landes auf. 38 Menschen werden verletzt. Die Demonstranten forderten die Freilassung eines Anwalts von Familien, deren Angehörige 1996 bei einer Schießerei im Gefängnis Abu Salim in Tripolis ums Leben kamen.
Donnerstag, 17. Februar
Über das Online-Netzwerk Facebook rufen Gaddafi-Gegner nach dem Vorbild anderer arabischer Staaten zu einem "Tag des Zorns" auf. Mindestens acht Menschen sterben in Bengasi und El Baida, als es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften kommt. In Senten, 145 Kilometer südwestlich von Tripolis, setzen Demonstranten Polizeistützpunkte und ein öffentliches Gebäude in Brand.
Freitag, 18. Februar
Die Unruhen konzentrieren sich noch weitgehend auf den Ostteil des Landes, insbesondere auf Bengasi, wo der Sitz des staatlichen Radiosenders in Brand gesetzt wird. Zwei Polizisten, die eine Kundgebung auflösen wollen, werden von Demonstranten gehängt.
Samstag, 19. Februar
In Bengasi werden mindestens zwölf Menschen getötet, als Demonstranten versuchen, eine Kaserne zu stürmen. Auch in der Stadt Musratha, 200 Kilometer östlich von Tripolis, kommt es zu blutigen Zusammenstößen mit der Polizei.
Sonntag, 20. Februar
Im Osten des Landes wachsen sich die Proteste zum Aufstand aus. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) wurden seit Beginn der Proteste mehr als hundert Menschen getötet.
Montag, 21. Februar
Der Gaddafi-Sohn Seif el Islam kündigt in der Nacht zum Montag in einer TV-Ansprache Reformen an, lehnt aber einen Rücktritt seines Vaters ab und droht mit einem Bürgerkrieg "mit tausenden Toten". Dies facht die Proteste offenbar weiter an. Die libysche Führung verliert nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten die Kontrolle über mehrere Städte. Unbestätigten Angaben zufolge setzt die Regierung Kampfjets und Söldner gegen die Demonstranten ein. Erste libysche Diplomaten, darunter auch mehrere bei der UNO in New York, sagen sich von Gaddafi los.
Dienstag, 22. Februar
In der Nacht zum Dienstag sendet das Staatsfernsehen einen bizarren Auftritt Gaddafis, der sich an einer offenen Autotür sitzend mit einem Regenschirm zeigt. Er wolle beweisen, "dass ich immer noch in Tripolis bin". Am Nachmittag beschimpft er in einer Fernsehansprache die Demonstranten als "Ratten" und droht ihnen mit einem "Gemetzel". Der UN-Sicherheitsrat berät zur Lage in Libyen. Deutschland und andere Länder bringen in einer dramatischen Rettungsaktion ihre Staatsangehörigen per Flugzeug und Schiff aus dem Land.