Londoner Terroranschläge Selbstmord-These gerät ins Wanken

Möglicherweise sind die Anschläge von London doch keine Selbstmordattentate gewesen. Bei den Tätern sollen unter anderem Rückfahrscheine für die Bahn gefunden worden sein.

Die britische Polizei hat nach eigenen Angaben keine endgültigen Beweise dafür, dass die Londoner Attentäter bei den Anschlägen sterben wollten. "Wir haben nie das Wort ’Selbstmordattentäter’ benutzt", sagte ein Scotland-Yard-Sprecher am Samstag. Er sprach von möglichem "menschlichen Versagen" und "Fehleinschätzungen", die zum Tod der vier Männer geführt haben.

Die Behörde kommentierte damit einen Bericht der Zeitung "Daily Mirror", wonach die mutmaßlichen Täter möglicherweise nur die Bomben an ihr Ziel bringen und dann fliehen wollten. Als Belege für diese These führte das Blatt unter anderem an, dass die Frauen von zwei der Verdächtigen zum Zeitpunkt des Attentats schwanger gewesen seien. Zudem hätten die Männer den Sprengstoff nicht um den Körper geschnallt, sondern in Rucksäcken getragen. Schließlich sollen die Attentäter auch Rückfahrkarten gekauft haben. Der "Mirror" zitierte Aussagen aus Sicherheitskreisen, dass die Männer eventuell gedacht hätten, sie könnten vor den Explosionen entkommen.

Panne bei Geheimdienst?

Einer der Londoner Selbstmordattentäter ist nach einem Zeitungsbericht im vergangenen Jahr vom britischen Geheimdienst überprüft worden. Der Inlandsgeheimdienst MI5 sei dabei jedoch zu dem Schluss gekommen, dass von dem Hilfslehrer Mohammad Sidique Khan keine Bedrohung ausgehe, berichtete die "Sunday Times" unter Berufung auf einen hohen Regierungsbeamten. Deshalb sei der 30-jährige nicht unter Beobachtung gestellt worden. Bei der damaligen Untersuchung sei es um Hinweise auf Pläne gegangen, eine Bombe vor einem Nachtclub in der Londoner Innenstadt explodieren zu lassen. Die britische Polizei hat bisher immer gesagt, die vier Selbstmordattentäter seien den Behörden vorher nicht aufgefallen.

Doch auch nach einem Bericht des "Independent on Sunday" war Khan kein unbeschriebenes Blatt. Demnach hat der El-Kaida-Helfer Mohammed Junaid Babar in amerikanischer Haft ausgesagt, dass Khan ihm von einem Terroristentreffen in Pakistan bekannt sei. Ein anderer der Londoner Attentäter, Germaine Lindsay, soll in den USA auf einer "Beobachtungsliste" gestanden haben.

55 Menschen getötet

Bei den Attentaten auf drei U-Bahn-Züge und einen Linienbus vergangene Woche waren 55 Menschen ums Leben gekommen. Die Polizei verdächtigt Mitglieder der moslemischen Extremistengruppe Al-Kaida als Drahtzieher.

AP · DPA · Reuters
Reuters, DPA, AP