Nach dem überraschenden Rücktritt des CIA-Chefs Porter Goss hat das Weiße Haus die kurzfristige Benennung eines Nachfolgers in Aussicht gestellt. Als Favorit wurde am Wochenende in Washingtoner Regierungskrisen der ehemalige Luftwaffengeneral Michael Hayden gehandelt. Er gilt als engster Vertrauter des Nationalen Geheimdienstkoordinators John Negroponte. Verlautbarungen zufolge könnte ein Machtkampf zwischen Negroponte und Goss zu dessen Rücktritt nach 19 turbulenten Monaten an der CIA-Spitze geführt haben. Goss habe sich vor allem gegen eine Beschneidung der CIA-Kompetenzen gewehrt, hieß es.
Architekt des Abhörprogramms
Negropontes Behörde wurde erst vor einem Jahr geschaffen, um die 15 verschiedenen US-Geheimdienste mittels besserer Koordination effektiver zu machen. Gewährsleuten zufolge setzte sich Goss jedoch für eine führende Rolle der CIA und gegen "Mikromanagement" ein. Demnach sollte die CIA das bleiben, was ihr Name ausdrückt: die Central Intelligence Agency, die "zentrale" US-Geheimdienstagentur. Im Dezember verabschiedete der Kongress aber ein Gesetz, mit dem die CIA diese führende Rolle verlor.
Hayden wurde nach der Schaffung der Koordinierungsbehörde zum Ersten Stellvertreter Negropontes bestimmt. Hayden, früherer Chef des Geheimdienstes NSA, gilt als einer der "Architekten" des umstrittenen geheimen Programms zum Abhören von US- Bürgern, das Bush nach den Anschlägen vom 11. September 2001 gebilligt hatte. Der ranghöchste militärische Geheimdienstler hatte die Lauschaktion nach dem Bekanntwerden in den vergangenen Monaten energisch verteidigt.
Rätselraten um Goss' Abgang
Weder Goss noch das Weiße Haus äußerten sich zu den Hintergründen des Rücktritts. US-Präsident George W. Bush würdigte die Arbeit von Goss, sagte aber zugleich, der scheidende CIA-Direktor sei ein Mann des Übergangs gewesen. Der frühere Kongressabgeordnete war 2004 angetreten, die CIA aus der Krise zu führen, in die sie nach den Anschlägen vom 11. September 2001 geraten war. Die Organisation blieb jedoch im Kreuzfeuer der Kritik - nicht zuletzt weil die Terroristenführer Osama bin Laden und Mussab al Sarkawi immer noch auf freiem Fuß sind. Der Rücktritt von Goss dürfte der sinkenden Popularität des Präsidenten weiter schaden. Um diesem Trend entgegen zu wirken, begann Bush vor kurzem mit personellen Veränderungen in seiner Regierung. So ersetzte er seinen bisherigen Stabschef Andrew Card mit Joshua Bolten, Pressesprecher Scott McClellan wurde von Tony Snow abgelöst. In Washington wird spekuliert, dass auch Finanzminister John Snow sein Amt bald aufgeben könnte.
Die Nachricht vom Goss-Rücktritt war am Freitag wie eine Bombe in Washington eingeschlagen, zumal der ehemalige langjährige Abgeordnete das Amt erst gut eineinhalb Jahre lang bekleidet hatte. Während bei Rücktrittserklärungen sonst stets Gründe angegeben werden, hatten weder Goss selbst noch Präsident George W. Bush eine Erklärung gegeben.