Israel-Boykott Mehr als nur ein Inselparadies – darum verbannen die Malediven israelische Touristen

Eine palästinensische Flagge weht über einem Ladengeschäft in Male, Hauptstadt der Malediven
Eine palästinensische Flagge weht über einem Ladengeschäft in Male, Hauptstadt der Malediven
© Matt Hunt / Picture Alliance
Traumstrände und blaues Meer – so stellt man sich die Malediven vor. Tatsächlich geht es politisch in dem muslimischen Land nicht immer harmonisch zu. Ein Einreiseverbot für Israelis wird von Regierung und Opposition getragen.

Die Wut über die Gewalt im Gazastreifen hat die Malediven erreicht. Das Inselparadies will keine Israelis mehr ins Land lassen. Wann das Gesetz in Kraft tritt, ist noch nicht bekannt.

Die israelische Regierung empfiehlt ihren Bürgern nun, nicht länger auf die Malediven zu reisen, selbst diejenigen mit doppelter Staatsbürgerschaft sollten die Inseln meiden. "Israelischen Bürgern, die sich bereits im Land befinden, wird empfohlen, eine Ausreise in Erwägung zu ziehen, denn wenn sie aus irgendeinem Grund in Not geraten, wird es für uns schwierig sein, ihnen zu helfen."

Malediven: Zwei-Klassen-Inselstaat 

Die Entscheidung der Malediven wird viele Urlauber überraschen. Denn außer dem Image von Inseln und Traumstränden ist wenig über das Inselparadies bekannt. Die Malediven sind eine kleine Republik mit mehr als 1000 strategisch günstig gelegenen Koralleninseln. Der Tourismus ist der wichtigste Wirtschaftszweig, wegen der verstreuten Inseln sind die touristischen Destinationen vom übrigen Land abgeschnitten. Der teure Resort-Tourismus brachte Geld ins Land, führte aber zu einer Trennung der Resort-Inseln von der Bevölkerung, die sich in der Hauptstadt konzentriert.

Einheimische leben in der Hauptstadt

Von 1192 Inseln der Malediven sind nur 199 bewohnt und auf 111 von ihnen befinden ausschließlich Resorts. Die Resorts werden von ausländischen Firmen bewirtschaftet, sie benötigen aber einen einheimischen Partner – so sichert sich die kleine Oberschicht die Einnahmen aus dem Tourismus. Die Hauptstadt Malé zählt zu den am dichtesten besiedelten Städten der Welt: Auf nur 5,7 Quadratkilometern leben offiziell 134.000 Menschen. Das wären 23.500 auf einem Quadratkilometer. Die tatsächliche Zahl der Einwohner soll weit höher liegen. Wenig bekannt ist auch der Einfluss von kriminellen Gangs in Malé.

Die politische Auseinandersetzung auf den Malediven hat sich in der Vergangenheit mehrmals bis hin zu Unruhen und dem Ausrufen des Ausnahmezustandes hochgeschaukelt. Die Bevölkerung ist überwiegend muslimisch, das Rechtssystem islamisch geprägt. Gemessen an der Bevölkerung sollen sich viele Kämpfer dem IS in Syrien angeschlossen haben.

Dem Vernehmen nach gab Präsident Dr. Mohamed Muizzu dem Wunsch von Opposition und Regierungsparteien nach. Das Einreiseverbot steht nicht allein. Der Präsident kündigte an, dass er eine Spendenaktion zur "Unterstützung unserer Brüder und Schwestern in Palästina" ins Leben rufen werde. Außerdem werde eine landesweite Solidaritätskampagne gestartet.

Weltweite Boykottwelle

Die Entscheidung ist nicht verwunderlich, die Politik der deutschen Regierung zum Gazakonflikt ist nicht repräsentativ. Weltweit nehmen Kampagnen zum Boykott Israels und israelischer Einrichtungen zu – selbst in den Ländern der EU. Es war zu erwarten, dass die muslimische Inselrepublik sich diesem Trend anschließen würde.

Früher waren Aufrufe zum Boykott riskant, jedes Land musste mit Druck auch aus den USA rechnen. Der Trend hat sich umgekehrt, in vielen Teilen der Welt müssen sich heute die Institutionen und Firmen rechtfertigen, die weiterhin mit Israel zusammenarbeiten. Israelis besuchen zwar gern die Malediven, stellen aber nur einen kleinen Teil der Gäste dar. Im vergangenen Jahr reisten etwa 11.000 Israelis auf die Malediven, was aber nur 0,6 Prozent aller Touristen ausmachte. Die finanziellen Folgen eines Einreiseverbots wären daher gering.

Insel im Zentrum der Geopolitik

Der Inselstaat vermarktet sich als harmonisches Paradies, dabei befindet sich die Republik im Zentrum der Geopolitik. Hier stoßen die Großmächte Indien und China aufeinander. Kein Land auf der Welt rüstet seine Marine so schnell auf wie China. Neben den Konflikten um Taiwan und um das südchinesische Meer ist die Expansion in den Indischen Ozean der nächste Schritt von Pekings maritime Machtprojektion. Indien hingegen sieht die Zone als natürliches Einflussgebiet. Die letzten drei Regierungen neigten sich jeweils einer Seite zu, was zu einem politischen Zick-Zack-Kurs führte.

Mohamed Muizzu hat die Präsidentschaftswahl 2023 mit dem Versprechen gewonnen, den indischen Einfluss zurückzudrängen. Damit wurde die "India first"-Politik der vorhergehenden Regierung ins Gegenteil verkehrt. "India out" bedeutet auch eine Hinwendung zu China. Die Parlamentswahlen am 21. April 2024 bestätigten diese Politik. Muizzus Partei, People's National Congress (PNC), konnte eine Zweidrittelmehrheit im Parlament erobern. Neben dem Schaukelkurs zwischen den Großmächten China und Indien belastet ein Streit um Hoheitsgewässer und Wirtschaftszonen mit Mauritius das Land.