Massaker von Katyn Russland macht erstmals Dokumente im Internet zugänglich

Russland hat erstmals Dokumente über die Erschießung von tausenden polnischen Offizieren während des Zweiten Weltkriegs in Katyn ins Internet gestellt. Die Akten wurden am Mittwoch auf Anweisung des russischen Präsidenten Dmitri Medwedew veröffentlicht.

Russland hat erstmals Dokumente über die Erschießung von tausenden polnischen Offizieren während des Zweiten Weltkriegs in Katyn ins Internet gestellt. Die Akten wurden am Mittwoch auf Anweisung des russischen Präsidenten Dmitri Medwedew veröffentlicht. Dieser versprach, weitere bisher noch unter Verschluss gehaltene Dokumente der polnischen Seite zugänglich zu machen.

Zu den sieben am Mittwoch ins Netz gestellten Dokumenten gehört ein Memorandum vom März 1940 des damaligen Chefs der sowjetischen Geheimpolizei NKWD, Lawrentij Berija. In dem als streng geheim eingestuften Text schlug Berija dem Sowjet-Diktator Josef Stalin vor, bei den tausenden polnischen Gefangenen schnell zu den "stärksten Mitteln der Bestrafung - Tod durch Erschießen" zu greifen.

Die sowjetische Geheimpolizei ermordete im April und Mai 1940 auf Befehl Stalins bei Katyn, in anderen Regionen Russlands sowie in der Ukraine und in Weißrussland rund 22.000 Polen, meist Offiziere, Polizisten und Intellektuelle. Die Leichen wurden in den Wäldern in der Nähe des westrussischen Katyn verscharrt. Jahrzehntelang machte die Sowjetunion die Nationalsozialisten für das Massaker verantwortlich. Erst 1990 gab der damalige Staatschef Michail Gorbatschow zu, dass es auf das Konto Moskaus ging.

Die nun veröffentlichten Akten wurden bereits 1992 von Gorbatschows Nachfolger Boris Jelzin freigegeben und für Polen zugänglich gemacht. Doch konnten sie bisher nur ausgewählte Wissenschaftler im Moskauer Staatsarchiv einsehen. Der Chef des Staatsarchivs, Andrej Artisow, sagte, die Veröffentlichung richte sich gegen das Verschweigen der russischen Verantwortung. Der russische Staat behandele das Massaker von Katyn mit "absoluter Offenheit", sagte Artisow nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen.

Medwedew verteidigte am Mittwoch seine Entscheidung. "Wir müssen unsere Lektionen aus der Geschichte lernen", sagte der russische Präsident während eines Staatsbesuchs in Kopenhagen. Nun könne jeder sehen, "wer die Befehle zur Ermordung der polnischen Offiziere gab". Medwedew räumte ein, dass weitere Akten zum Massaker nach wie vor unter Verschluss seien. Er habe angeordnet, dass die für Polen interessanten Dokumente "unseren Kollegen zugesandt werden". Zuvor müssten jedoch noch "alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden". "Wir werden uns weiter darauf konzentrieren. Das sehe ich als unsere Schuldigkeit an", sagte Medwedew.

Polen fordert seit langem, dass Russland alle Akten zum Massaker von Katyn der Öffentlichkeit zugänglich macht. Anfang April beteiligte sich erstmals der polnische Ministerpräsident Donald Tusk offiziell an den Gedenkfeiern zur Erinnerung an das Massaker vor 70 Jahren. Der polnische Präsident Lech Kaczynski und alle 95 übrigen Insassen der Maschine kamen am 10. April bei einem Flugzeugabsturz auf dem Weg zu einer weiteren Gedenkfeier in Katyn ums Leben.

AFP
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