Vor den Massenprotesten der russischen Opposition haben Sicherheitskräfte am Dienstag in Moskau mit einem Großaufgebot Stellung bezogen. Mehr als 12.000 Polizisten und Beamte des Innenministeriums waren nach offiziellen Angaben in der Hauptstadt im Einsatz. Im Stadtzentrum sperrten Einsatzwagen der Sicherheitsbehörden ganze Straßenzüge ab.
Die russische Opposition will mit einem sogenannten "Marsch der Million" gegen Präsident Wladimir Putin und ein verschärftes Versammlungsgesetz demonstrieren. Die Moskauer Stadtverwaltung hat genehmigt, dass sich dazu bis zu 50.000 Demonstranten gegen zehn Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit auf dem Puschkin-Platz zu einer Kundgebung versammeln und von dort aus den Sacharow-Prospekt entlang marschieren, einer nach dem sowjetischen Dissidenten Andrej Sacharow benannten Hauptstraße.
Nach Angaben der Polizei beteiligten sich zunächst bis zu 10.000 Menschen an dem Protestmarsch durch Moskau. Die Organisatoren des sogenannten "Marschs der Millionen" sprachen dagegen von rund 20.000 Teilnehmern, wie die russische Nachrichtenagentur Interfax berichtete. Sie rechneten demnach aber damit, dass die Zahl der Demonstranten noch steigt.
Nicht nur auf der Straße versucht das russisches Regime, die Lage zu kontrollieren. Auch mehrere unabhängige Medien waren vor der Demonstration plötzlich offline, etwa der Radiosender Moskauer Echo, die renommierte Oppositionszeitung "Nowaja Gaseta" und der Fernsehsender Doschd. Diese Internetseiten waren bereits während der umstrittenen Parlamentswahlen im Dezember vorübergehend nicht zu erreichen. Oppositionsführer gehen davon aus, dass dafür Cyber-Attacken kremltreuer Jugendgruppen verantwortlich sind.
Vermummte Einsatzkräfte hatten am Vortag die Wohnungen mehrerer prominenter Oppositioneller durchsucht. Bürgerrechtler kritisierten die Razzien, bei denen angeblich mehr als eine Million Euro Bargeld sichergestellt wurde, als Einschüchterung vor dem neuen Massenprotest.
Unmittelbar vor der Großkundgebung waren am Dienstag mehrere Oppositionsführer in Moskau zu Befragungen vorgeladen worden. Kremlkritiker werfen den Ermittlungsbehörden vor, damit die Teilnahme der Regimegegner an der Protestaktion verhindern zu wollen.
Erste Kundgebung seit die Geldstrafen drastisch erhöht wurden
"Die Ermittler wollen ihre Rolle bei der Organisation des sogenannten Marschs der Millionen am 6. Mai sowie bei der Organisation und Beteiligung von Massenunruhen klären", sagte Behördensprecher Wladimir Markin der Agentur Itar-Tass. "Mir geht es sehr gut, ich bin überzeugt, dass alles in Ordnung ist", sagte der Regierungsgegner und Blogger Alexej Nawalny kurz vor der Befragung.
Der Linkspolitiker Sergej Udalzow folgte der Aufforderung hingegen nicht. Er wolle die Kundgebung nicht verpassen, ließ Udalzow über seine Anwältin ausrichten.
Es ist die erste Großkundgebung seit der Demonstration am Vorabend von Putins Vereidigung am 7. Mai, bei der es heftige Zusammenstöße mit der Polizei gegeben hatte. Zudem ist es die erste Demonstration seit im ohnehin stark eingeschränkten Demonstrationsrecht die Geldstrafen drastisch erhöht wurden. Am Montag hatte die Polizei die Wohnungen mehrerer Oppositioneller durchsucht, darunter die des Bloggers Alexej Nawalny.