Die anhaltenden Proteste gegen die in Europa veröffentlichten Mohammed-Karikaturen haben in Afghanistan erneut Todesopfer gefordert. Bei Ausschreitungen in der südafghanischen Stadt Kalat seien vier Demonstranten getötet worden, sagte Armeegeneral Abdul Razaq. Mehrere Sicherheitskräfte und Demonstranten seien verletzt worden. Polizisten hätten das Feuer eröffnet, als Randalierer unter den einigen hundert Demonstranten versucht hätten, die Polizeizentrale zu stürmen. Demonstranten hätten Tanklastwagen in Brand gesteckt.
Die Zahl der Toten in Afghanistan bei den seit Montag andauernden Protesten hat sich damit auf mindestens zehn erhöht. In drei weiteren Provinzen und in der Hauptstadt Kabul kam es zu friedlichen Protesten.
Randalierer wollen Stimmung machen
Der afghanische Ulama-Rat, die höchste Vereinigung der muslimischen Geistlichen des Landes, rief unterdessen im Rundfunk zur Beendigung der Proteste auf. "Diese Randalierer schädigen den Ruf des Islams", sagte der Geistliche Mohammed Usman. In Indonesien, wo es in den vergangenen Tagen ebenfalls zu militanten Demonstranten gegen die europäische Presse kam, bezeichnete Außenminister Hassan Wirajuda das Ausmaß der Protestaktionen als übertrieben. Radikale Gruppen nutzten die Karikaturen aus, um Stimmung zu machen, sagte Wirajuda in Jakarta.
Dänische Mitarbeiter abgezogen
Die internationale Beobachtertruppe in Hebron (TIPH) im Westjordanland hat ihre dänischen Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen nach Tel Aviv verlegt. Das dänische Außenministerium habe gewaltsame Proteste wegen der Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in Zeitungen befürchtet, sagte die TIPH- Sprecherin Junhiled Forselv.
Internationale Organisationen rufen zur Mäßigung
Im Konflikt um die Mohammed-Karikaturen haben mehrere internationale Organisationen die gewaltsamen Proteste verurteilt. In einer gemeinsamen Erklärung riefen UN-Generalsekretär Kofi Annan, der Chef der Organisation der Islamischen Konferenz, Ekmelettin Ihsanoglu, und EU-Chefdiplomat Javier Solana die Regierungen auf, Botschaften und Ausländer vor Angriffen zu schützen.
Die Schmerzen in der moslemischen Welt wegen der Karikaturen würden von all denen geteilt, "die die Empfindlichkeiten tief empfundener religiöser Überzeugungen anerkennen", hieß es. Die beklagenswerten Angriffe auf diplomatische Vertretungen in Damaskus, Beirut und anderswo würden scharf verurteilt. "Der Angriff auf Leben und Eigentum kann nur das Bild eines friedlichen Islam beschädigen".
Zeichnungen rechtfertigen keine Angriffe
Auch der iranische Botschafter in Wien, Seyed Mohsen Nabavi, verurteilte die gewaltsamen Proteste wegen der Mohammed-Karikaturen. Die in europäischen Zeitungen veröffentlichten Darstellungen des Propheten Mohammed rechtfertigten keine brennenden Flaggen und Angriffe auf diplomatische Vertretungen, sagte Nabavi der "Wiener Zeitung".