Israel verschärft seine Offensive gegen den Libanon. Nun wird erstmals auch die Innenstaft Hauptstadt Beirut angegriffen. In der Nacht zu Mittwoch waren zudem erstmals Bodentruppen für längere Zeit in das Land eingedrungen. "Das sind beschränkte, sehr genaue Angriffe", sagte ein Armeesprecher über den Einsatz.
Bislang hätten israelische Soldaten nur punktuell die Grenze überquert. Ziel der Angriffe sind Stützpunkte der radikal-islamischen Organisation Hisbollah. Das israelische Militär hat aber nicht ausgeschlossen, später eine größere Bodenoffensive zu beginnen.
Israelische Soldaten haben sich nach Angaben aus Regierungskreisen hinter der libanesischen Grenze zudem Gefechte mit Kämpfern der radikal-islamischen Hisbollah geliefert. Angaben zu Opfern oder weitere Einzelheiten lagen zunächst nicht vor.
Wegen den anhaltenden Angriffen ist im Libanon mittlerweile fast jeder sechste Einwohner auf der Flucht. Wie der arabische Nachrichtensender al Arabija unter Berufung auf Regierungsbeamte berichtet, haben mehr als 700.000 der rund vier Millionen Einwohner seit Beginn der israelischen Luftangriffe ihre Häuser verlassen.
70.000 Familien flüchten in staatliche Schulen
Ein großer Teil von ihnen sei bei Freunden oder Verwandten in Regionen untergekommen, die sie für sicherer hielten. 70.000 Familien hätten Zuflucht in staatlichen Schulen gefunden. Schwierig ist die Versorgungslage inzwischen in einigen kleineren Ortschaften im Süden des Landes, in die sich Einwohner benachbarter Dörfer nach der Bombardierung geflüchtet hatten.
Bei den Luftangriffen sind neuen Angaben zufolge mindestens 33 Menschen ums Leben gekommen. Der folgenschwerste Angriff erfolgte auf ein Dorf nahe des südlibanesischen Hafens Tyrus, bei dem zehn Wohnhäuser zerstört wurden. Nach Angaben von Rot-Kreuz-Mitarbeitern kamen dabei mindestens 21 Menschen ums Leben.
In einer anderen nahe gelegenen Ortschaft wurden zehn Menschen unter den Trümmern ihrer völlig zerstörten Häuser begraben. In der südlibanesischen Ortschat Nabatije wurden bei einem Luftangriff sechs Menschen getötet, darunter eine Frau und ihre drei Kinder. In einem Dorf bei Baalbek im östlichen Libanon starben sechs Menschen, als eine israelische Bombe auf ein vierstöckiges Wohnhaus fiel.
Um den Konflikt beizulegen oder zu beruhigen wird auf internationaler Ebene über den Einsatz von Blauhelmtruppen oder auch Nato-Soldaten nachgedacht. Der ehemalige Bundesaußenminister Joschka Fischer äußert sich jedoch skeptisch gegenüber solchen Einsätzen. "Ein weiteres Blauhelmmandat wird wenig Sinn machen. Nur ein robustes Mandat mit robusten Fähigkeiten könnte vielleicht etwas Positives erreichen. Aber das Risiko wäre gewaltig. Ich glaube, dass politischer Druck auf die Radikalen und das Engagement für einen Neustart von Verhandlungen sehr viel wichtiger sind", sagt Fischer der "Zeit".
Zudem wirft der Ex-Außenminister dem Westen, der UN und Russland Versagen bei der Entschärfung des Nahost-Konfliktes vor: "Noch nie hat der Westen, haben die USA diesen brandgefährlichen Konflikt so vernachlässigt, noch nie war das so genannte Nahost-Quartett, also die USA, die EU, die UN und Russland, so wenig engagiert. Das ist eine Tragödie."
Fischer soll G8-Sondervermittler werden
Einige Parteifreunde Fischers wollen, dass er als Sondervermittler der G8 zwischen den Fronten verhandelt. Der Grünen-Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit sagte, Fischer genieße "ein hohes Ansehen sowohl bei den Palästinensern, bei den arabischen Ländern als auch in Israel". Auch der frühere palästinensischer Generaldelegierter in Deutschland, Abdallah Frangi, sprach sich für eine Vermittlerrolle Fischers aus. Skeptisch äußerten sich dagegen Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) und der Direktor des Deutschen Orient Instituts, Udo Steinbach.