Präsidenten-Vertraute Kaum jemand kommt Trump so nah. Wer ist sein "Sweetie" Natalie Harp?

Unzertrennlich: US-Präsident Donald Trump (l.) und seine Lieblingsassistentin Natalie Harp auf dem Golfplatz
Unzertrennlich: US-Präsident Donald Trump (l.) und seine Lieblingsassistentin Natalie Harp auf dem Golfplatz
© Doug Mills / The New York Times
Natalie Harp, 33, hat sich in Donald Trumps Kosmos nach oben gearbeitet, weil sie ihm nie von der Seite wich. Jetzt bezieht sie einen Schreibtisch vor dem Oval Office.

Donald Trump umgibt sich gern mit Menschen, die ihm sagen, was er hören will. Mit seiner Amtseinführung ist ein ganzer Trupp an Loyalisten ins Weiße Haus eingezogen. Doch niemand nimmt diese Rolle so ernst wie Natalie Harp.

Unauffällig, aber stets präsent versorgt die 33-jährige frühere TV-Moderatorin den Präsidenten rund um die Uhr mit Artikeln und Social-Media-Posts. In den vergangenen Jahren hat sie sich als Trumps persönliche Nachrichtenfee immer weiter in seinen inneren Kreis vorgearbeitet. Als Trump vergangenes Frühjahr in New York angeklagt wurde, hielt sie mit ihm die Stellung im Gerichtssaal. Im Wahlkampf begleitete sie ihn zu fast jedem seiner Auftritte. Und seit seiner Wiederwahl ist sie kaum von seiner Seite gewichen. 

Harp trägt zwar keinen offiziellen Titel, ihre Kollegen bezeichnen sie jedoch scherzhaft als "menschlichen Drucker", da sie stets einen tragbaren Drucker mit sich herumschleppt, um Trump die Informationen in seiner bevorzugten Papierform auszuhändigen.

Obwohl sie außerhalb von Trumps unmittelbarem Umfeld kaum bekannt ist, könnte Harp nun eine einflussreiche Rolle in seiner zweiten Amtszeit spielen. Doch ihre Nähe zum Präsidenten – inklusive eines Schreibtischs vor dem Oval Office – gefällt längst nicht jedem im Weißen Haus.

Natalie Harp beteuerte, sie verdanke ihm ihr Leben

Vor sechs Jahren erregte Natalie Harp mit einem emotionalen Fernsehauftritt die Aufmerksamkeit Donald Trumps. Harp, die in einem christlich-konservativen Haushalt in Kalifornien aufwuchs, trat 2019 im Sender Fox News auf und bezeichnete den damaligen Präsidenten vor laufender Kamera als ihren Retter. Sie sei an Knochenkrebs erkrankt, erzählte sie, und Trump habe ihr mit seinem 2018 unterzeichneten "Right to Try"-Gesetz das Leben gerettet, indem es ihr Zugang zu experimentellen Behandlungen verschafft habe. Ihre Version wurde später von Gesundheitsexperten infrage gestellt, die anmerkten, dass Harp mit einem Immuntherapie-Medikament behandelt wurde, was bereits vor dem "Right to Try"-Gesetz zugelassen war. 

Trump jedoch gefiel ihre Geschichte so gut, dass er sie persönlich einlud, beim republikanischen Parteitag 2020 zu sprechen. Kurz darauf wurde Harp Teil seiner Präsidentschaftskampagne.

Nach der verlorenen Wahl heuerte Harp als Moderatorin beim "One America News Network" an, einem rechtsextremen TV-Sender, bekannt für die Verbreitung von Unwahrheiten und Verschwörungstheorien. Und auch Harp verbreitete dort gern Trumps Lüge, der Sieg bei den Präsidentschaftswahlen 2020 sei ihm gestohlen worden. 

2022 verließ sie den Sender, um in Trumps Kommunikationsteam zu arbeiten. In dieser Zeit wurde Harp oft gesichtet, wie sie Trump auf seinen Golfausflügen begleitete, stets mit Laptop und eben Drucker bewaffnet, um ihren Boss jederzeit mit positiven Nachrichtenartikeln oder Online-Posts aufzumuntern. Zugleich wurde sie eine Art inoffizielle persönliche Sekretärin: Trump diktierte ihr seine Gedanken, und Harp verbreitete sie als Posts auf dessen offiziellem "Truth Social"-Kanal umgehend in den sozialen Medien.

Trumps enger Kreis: Natalie Harp (M.), Stephen Miller (3. v. l.) und Elon Musk (2. v. l.) steigen aus der Trump Force One
Trumps enger Kreis: Natalie Harp (M.), Stephen Miller (3. v. l.) und Elon Musk (2. v. l.) steigen aus der Trump Force One
© Alex Brandon/

Heimliche Briefe an "ihren Beschützer" Donald Trump

Wie schnell sich zwischen den beiden ein tiefes Vertrauensverhältnis entwickelt hat, wurde 2023 deutlich, als Trump in Georgia wegen versuchter Wahlbeeinflussung angeklagt wurde. In einem Wutanfall vor seinem Stab bemängelte Trump, dass Harp die einzige Mitarbeiterin sei, die sich wirklich um ihn kümmere.

In dieser Zeit fing Harp an, Trump eine Reihe an Briefen voller Schmeicheleien zu schicken, wie die "New York Times" kurz nach der Wahl 2024 enthüllte. Die Zeilen lesen sich wie aus einem Kitschroman. "Du bist alles, was mir wichtig ist", schreibt Harp in einem der Briefe. In einem anderen dankt sie Trump dafür, dass er ihr "Beschützer in diesem Leben" sei und versprach, ihn "niemals im Stich zu lassen". "Ich möchte dir Freude bereiten, damit du das Gefühl hast, dass wir den Tag überstehen können, ohne jemals über 'Arbeit' sprechen zu müssen", so die Assistentin an ihren Chef.

In Trumps innerem Kreis wächst die Kritik

Während Harp seit dem Wahlkampf nicht mehr von Trumps Seite gewichen ist, wird die enge Beziehung im Trump-Team zunehmend kritisch gesehen. Hinter vorgehaltener Hand bemängeln Kollegen Harps ungefilterten Informationsfluss. Eine ihrer bevorzugten Nachrichtenquellen ist demnach "Gateway Pundit", eine beliebte US-Website für Verschwörungstheorien der extremen Rechten. Auch ist es schon vorgekommen, dass sie auf eigene Faust Medieninterviews für den Präsidenten arrangierte – sehr zum Missfallen von Trumps offiziellem Presseteam.

Für internen Ärger sorgten jedoch vor allem eine Reihe folgenschwerer Pannen.

Es war Harp, die Trump im März 2023 einen Artikel zuspielte, in dem er mit einem Baseballschläger neben dem Kopf des Bezirksstaatsanwalts von Manhattan, Alvin Bragg, abgebildet war, als dieser kurz davorstand, ihn anzuklagen. Trump postete das Bild in den sozialen Medien, löschte es jedoch auf Anraten seiner Anwälte wieder. 

Ein anderes Mal ließ sich Harp von Trump in Mar-a-Lago eine Wutattacke über mehr als 40 Posts gegen E. Jean Carroll diktieren, die Autorin, die ihn des sexuellen Missbrauchs beschuldigt hatte. Während andere Mitarbeiter ihn davon abhalten wollten, postete Harp einen hasserfüllten Beitrag nach dem anderen. Kurz darauf wurde Trump zu einer Geldstrafe an Carroll von mehr als 83 Millionen Dollar verurteilt.

Als Trump im vergangenen Wahlkampfsommer wütende SMS an die milliardenschwere Republikanerin Miriam Adelson schickte, war es Harp, die auf "Senden" drückte. Es waren Nachrichten, die dem damaligen Präsidentschaftskandidaten fast die Unterstützung einer der wichtigsten Spenderinnen seiner Partei gekostet hätten.

Kurz nach Trumps Wahlsieg der nächste Fauxpas: Harp veröffentlichte eine private Nachricht des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, kurz bevor sich die beiden Staatsoberhäupter zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder persönlich trafen.

Trump duldet keine Kritik an seinem Liebling

Donald Trump will von der Kritik an seiner Lieblingsassistentin jedoch nichts hören. Bedenken gegenüber Harp, die er selbst "Sweetie" nennt und wie eine Tochter behandelt, wischt er beiseite. Für ihn zählt nur eines: ihre bedingungslose Loyalität – der höchste Wert in Trumps Orbit. Er hat nicht vergessen, dass Harp zu den wenigen Getreuen zählte, die nicht von seiner Seite wichen, als er nach seiner Wahlniederlage 2020 und dem Sturm aufs Kapitol als politischer Außenseiter galt. 

Erst kürzlich lobte sein Sprecher Steven Cheung Harp als "vertrauenswürdige und geschätzte" Mitarbeiterin, die mit "ihrer Arbeitsmoral und ihrem Engagement" dazu beigetragen habe, dass Trump die Wahl im November gewonnen habe.

Nun, wo Trump erneut ins Weiße Haus eingezogen ist, dürfte sich Harps Einfluss noch vergrößern. Vorerst soll sie einen Schreibtisch im Vorzimmer des Oval Office beziehen, nur wenige Meter von ihrem verehrten Chef entfernt.

Insbesondere Trumps Stabschefin Susie Wiles dürfte sie damit auf Dauer ein Dorn im Auge sein. Wiles, auch "die Eis-Lady" genannt, gilt als eine der gefürchtetsten Strateginnen in Washington und will eine strengere Kontrolle der Informationen, die im Regierungsalltag auf Trumps Tisch landen. Erst vergangene Woche hatte sie Elon Musk, Trumps selbst ernanntem "First Buddy", die Grenzen aufgezeigt, indem sie seinen Plänen für ein Büro im West Wing des Weißen Hauses eine Absage erteilte.

Gegen Trumps "Sweetie" aber ist selbst die eiserne Wiles machtlos.