Naturgewalten Sandige Stürme und tückischer Morast

Nicht nur irakische Streitkräfte könnten sich britischen und amerikanischen Truppen auf dem Weg von Kuwait nach Bagdad in den Weg stellen. Auch die Natur könnte die Offensive merklich bremsen, denn der März gilt als der Monat der Sandstürme.

Wenn die amerikanischen und britischen Soldaten von Kuwait aus auf Bagdad marschieren, stellen sich ihnen nicht nur die irakischen Streitkräfte in den Weg. Auch brennende Öl-Barrikaden, gesprengte Straßen und Brücken könnten die Offensive merklich bremsen. Ebenso harte Feinde aber wären die Wüste mit sengender Hitze und Sandstürmen sowie der tückische Morast im Tiefland an Euphrat und Tigris.

Der Marsch birgt viele Gefahren

Vermutlich in zwei Gruppen würden die alliierten Truppen aus ihrer Aufmarschbasis in Kuwait nach einem Angriffssignal aus Washington auf die irakische Hauptstadt vorrücken - zuerst gen Norden Richtung Basra, dann etwa entlang der beiden großen Ströme Euphrat und Tigris bis in die südlichen Vororte Bagdads. Mehr als 400 Kilometer liegt die Hauptstadt von der kuwaitischen Grenze entfernt, ein Marsch voller Gefahren und Angriffspunkte.

Auf dem ersten Streckenteil müssten sich die Amerikaner und Briten bei stetig steigenden Temperaturen durch die Wüste quälen. Derzeit erreicht die Hitze rund 30 Grad Celsius - in den kommenden Wochen und Monaten können es gnadenlose 50 Grad sein.

Der März ist außerdem der Monat der Sandstürme, die in den Trainingslagern in Kuwait schon ihre Macht unter Beweis gestellt haben. Noch haben sie nicht einmal ihre volle Wucht entfaltet, mit der sie den Sand in dichten Wolken mit Windgeschwindigkeiten bis zu 140 Stundenkilometern vor sich her treiben können. Laser-gesteuerte Waffen und Artillerie-Zielsysteme sind nach wie vor anfällig gegenüber Sand und Staub, die auch Motoren, Triebwerken und Hubschraubern zusetzen.

Basra könnte Gelegenheit zur Revolte ergreifen

70 Kilometer nördlich der kuwaitischen Grenze würden die alliierten Truppen Basra passieren, die zweitgrößte Stadt Iraks. Dort würden viele weitere Unwägbarkeiten auf sie warten. Möglich, dass die Stadt sich schon ergeben würde, bevor die Briten und Amerikaner überhaupt einrückten. 1991 war dort die Wiege eines Aufstands von irakischen Soldaten und Schiiten gegen das Regime in Bagdad. Das weitgehend von finanzieller Hilfe aus der Hauptstadt abgeschnittene Basra könnte jetzt ebenfalls die Gelegenheit zur Revolte ergreifen. Aber auch auf heftige Gegenwehr könnten die vorrückenden Truppen stoßen.

Wenn die Soldaten erst einmal die Flussebene erreichten, würde sich ihnen der nächste Feind entgegen stellen: die Sumpflandschaft, die bei zerstörten Straßen zur neuen großen Herausforderung werden könnte. Um den Morast zu umgehen, müssten die Truppen auf trockenes, aber sandiges Gelände ausweichen, was wiederum die schweren Fahrzeuge abbremsen würde. Nicht überall aber würde sich überhaupt eine akzeptable Ausweichroute finden lassen; Amarah auf der östlichen Aufmarschstrecke und Nasirijah im Westen sind nahezu vollständig von Morast umgeben.

Dutzende Male müssten die Amerikaner und Briten Euphrat, Tigris und deren Nebenflüsse überqueren. Würden die Iraker ihnen mit gesprengten Brücken den Weg abschneiden, müssten Hilfsbrücken errichtet und Amphibienfahrzeuge eingesetzt werden - mit nicht unerheblichem Zeitverlust.

Mit Sprengfallen ist zu rechnen

Auch Verteidigungspositionen der irakischen Streitkräfte, Militärcamps und Straßensperren warten entlang des Wegs nach Norden auf die Soldaten von George W. Bush. Mit Minenfeldern und Sprengfallen ist zu rechnen. Welchen Widerstand die irakischen Truppen dem Vormarsch entgegensetzen würden, ist schwer abzuschätzen. Im Golfkrieg 1991 ergaben sich die Soldaten Saddam Husseins zu Tausenden, und Militärexperten gehen von einer demoralisierten und schlecht ausgerüsteten Armee aus.

Daneben müssten sich die ausländischen Truppen aber auch auf Anschläge militanter Muslime und Angriffe von Anhängern der Regierung in Bagdad einstellen, die glauben, ohnehin nichts mehr verlieren zu können.

Spätestens in Bagdad müsste die US-Koalition nicht nur mit blutigen Kämpfen, sondern auch mit brennenden Öl-Barrikaden rechnen: Berichten zufolge soll Saddam Hussein Gräben um die Stadt ausgehoben und mit Öl gefüllt haben, das bei einer Offensive in Brand gesteckt werden solle. Auch Kirkuk im Norden soll derart präpariert worden sein. Bei weiteren Städten - wie Basra - soll dies ebenfalls nicht ausgeschlossen sein.

Maamoun Youssef