Als der Schmuggel von Rauschgift im Gepäck durch immer schärfere Kontrollen von Zoll und Polizei erschwert wurde, entwickelten die Drogenkartelle eine neue Methode: Kuriere schlucken in Südamerika oder Asien verschlossene Plastikbeutel mit Kokain oder Heroin und bringen ihre brisante Fracht im Körper ans Ziel. Dieses Modell der Organisierten Kriminalität scheint der Al-Kaida nun als Vorbild für eine neue Taktik bei Selbstmordattentaten zu dienen.
Nach Medienberichten will das Terrornetzwerk versuchen, Selbstmordattentäter mit Sprengstoff oder ganzen Bomben im Körper - geschluckt, als Zäpfchen oder implantiert - an Kontrollen vorbeizuschleusen, um in Passagierflugzeuge oder andere besonders gesicherte Bereiche zu kommen. Als "Vater" dieser "belly bombs" gilt demnach der gesuchte Top-Terrorist Ibrahim Hassan al-Asiri. Der Saudi soll als einer der führenden Köpfe der "Al-Kaida auf der arabischen Halbinsel" nicht nur hinter mehreren Anschlägen im Jemen stecken, sondern auch die Paketbomben hergestellt haben, die im vergangenen Jahr vom Jemen aus in westliche Länder verschickt wurden.
Auf dem East-Midlands-Airport in England hatte die Polizei stundenlang nach einer für die USA bestimmten Paketbombe gesucht. Erst nach einem Hinweis der Sicherheitsbehörden aus Dubai wurde gezielt ein Laserdrucker überprüft: Der Sprengstoff PETN (Pentrit oder Nitropenta) war in den Kartuschen versteckt und mit einem hoch komplizierten Zündmechanismus versehen.
Nach einem Bericht des britischen "Guardian" aus dieser Woche experimentiert Al-Asiri seit längerem mit Bomben im Körper von Selbstmordattentätern. In einer Art Testphase sollen im Jahr 2008 laut französischer Zeitung "Le Figaro" Hunde im Irak als lebende Bomben missbraucht worden sein. Ein Anschlag mit ihnen sei aber misslungen, weil die Tiere mit den explosiven Implantaten in ihren Transportkisten auf dem Flughafen von Bagdad gestorben seien, bevor sie in Maschinen mit Ziel USA geladen werden konnten.
Ein Jahr später soll den Medienberichten zufolge nach Informationen des französischen und des britischen Geheimdienstes erstmals ein Selbstmordattentäter die neue Al-Kaida-Methode bei einem Anschlag eingesetzt haben. Am 27. August 2009 sprengte sich Abdullah al-Asiri - Bruder des gesuchten Bombenbauers - in der Villa des saudischen Vize-Innenministers Prinz Mohammed bin Naif in die Luft. Der Prinz - Chef einer Einheit zur Bekämpfung islamistischer Terroristen - überlebte leicht verletzt. Der Attentäter hatte den Sprengstoff laut "Figaro" in Form eines Zäpfchens im Darm an mehreren Kontrollen vorbei ins hoch gesicherte Haus gebracht.
Jetzt hat die US-Regierung laut "Los Angeles Times" Fluggesellschaften vor der möglichen Gefahr durch solche Bomben im Körper gewarnt. Zwar gebe es keine Hinweise auf konkrete Pläne, Terroristen dürften diese Taktik aber "ernsthaft in Erwägung ziehen", berichtete das Blatt am Mittwoch unter Berufung auf US-Regierungsbeamte. Die Londoner Zeitung "Daily Mail" berichtete über Erkenntnisse des britischen Militär-Geheimdienst MI5, wonach Terroristen den hochexplosiven Sprengstoff PETN nicht nur Verschlucken oder ins Gesäß einführen, sondern sich sogar unter die Haut einpflanzen lassen.
Herkömmliche Scanner würden derartige Bomben nicht unbedingt erkennen. Auch in Sachen Sicherheit wird möglicherweise aufgerüstet: Laut "Los Angeles Times" halten die Behörden in Washington zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen für notwendig - in den USA und auf ausländischen Flughäfen.