Neuer UN-Generalsekretär Der Favorit kommt aus Asien

In knapp drei Monaten tritt UN-Generalsekretär Kofi Annan zurück, und bereits jetzt gilt das Rennen um seine Nachfolge unter Experten als entschieden. Kritiker zweifeln aber am Rückgrat des Asiaten Ban Ki Moon.

Wer vor der Kür eines neuen UN-Generalsekretärs nach zehn Jahren Kofi Annan spannende Wochen in New York erwartet hatte, wird bitter enttäuscht. Der Nachfolger des 68-jährigen Ghanaers an der Spitze der Weltorganisation steht so gut wie fest - und das knapp drei Monate vor Ende der Amtszeit Annans am 31. Dezember. "Nur ein Wunder" könnte Ban Ki Moon, dem 62-jährigen Außenminister von Südkorea, den Chefsessel noch strittig machen, meinte der amerikanische UN-Botschafter John Bolton nach der letzten Testwahl hochzufrieden.

Geheimkanditaten seit Sommerbeginn gehandelt

Kenner des UN-Systems warnten noch in der vergangenen Woche, dass die Favoriten der ersten Probe-Abstimmungen am Ende meist leer ausgehen. Annan selbst war 1996 ganz zum Schluss ins Rennen um die Nachfolge des Ägypters Boutros Boutros-Ghali eingestiegen und hatte die Wahl nur zwei Wochen vor seinem Amtsantritt gewonnen. Und so wurden in den Gängen des blauen Glaspalastes am East River seit Sommerbeginn hinter vorgehaltener Hand die Namen angeblicher Geheimkandidaten ausgetauscht. Es wurden vermeintliche Strategien der fünf Vetomächte erwogen, die nach Einschätzung vieler Beobachter erst in letzter Minute wieder die "Katze aus dem Sack" lassen würden.

Ban verfügt zweifellos über ausreichend Erfahrung, um die Vereinten Nationen mit ihren gut 9000 Mitarbeitern in aller Welt und einem jährlichen Haushalt von fünf Milliarden Dollar (knapp vier Milliarden Euro) verwalten zu können. Er arbeitete in den 1970er Jahren an der südkoreanischen UN-Botschaft in New York und stand einem der Präsidenten der UN-Vollversammlung, Han Seung Soo, als Chefassistent zur Seite.

Fehlende Ausstrahlung

Skeptiker in New York meinen, dem Südkoreaner fehle aber die Ausstrahlung seines Vorgängers Annan, der für die Weltorganisation sogar den Friedensnobelpreis holte. Und es gibt Stimmen, die an seiner Fähigkeit zweifeln, wie Annan Rückgrat zu beweisen, das dieser vor dem Irakkrieg und besonders in den letzten Monaten gegenüber Washington demonstrierte. Manche fragen sich, warum Ban wohl unter allen Kandidaten Favorit der Amerikaner wurde.

Sicher ist, dass alle fünf Supermächte einen Asiaten in den Sessel des Generalsekretärs hieven wollten, den ersten seit dem Ausscheiden des Burmesen U Thant 1971. Damit folgen sie einem ungeschriebenen Gesetz der Vereinten Nationen, nach dem jeder Kontinent im Rotationsverfahren mal zum Zuge kommt und einen Vertreter an die Spitze der Organisation schickt. Nach drei je fünfjährigen Amtszeiten von Afrikanern, Boutros-Ghali und Annan, ist Asien demnach "überfällig".

DPA
Gisela Ostwald/DPA