Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, unbestritten und kein großer Aufreger, was Nikki Haley sagt. "Trump hat die Wahl verloren, Biden gewonnen." Doch bis heute sät Donald Trump daran Zweifel, versucht die Geschichte sogar umzudeuten. Ihm sei die vergangene Präsidentschaftswahl gestohlen worden, obwohl er es war, der versucht hatte, das Wahlergebnis auszuhebeln. Das thematisiert Haley ebenfalls. "Ich denke, was am 6. Januar passiert ist, war ein schrecklicher Tag und ich denke", sagt die frühere UN-Botschafterin, "Präsident Trump wird sich dafür verantworten müssen".
Es ist eine bemerkenswerte Attacke, zu der sich die Republikanerin am Mittwochabend in der ersten TV-Debatte im Jahr 2024 entscheidet. Noch bemerkenswerter ist, dass Ron DeSantis, ihr Konkurrent und Mitbewerber, darauf einsteigt. Er prophezeit dem Ex-Präsidenten, dass er sich vor einer "linken Jury" in der Hauptstadt Washington, D.C. verantworten müsse. "Wie groß sind die Chancen, dass er das durchsteht", fragt der Gouverneur von Florida rhetorisch. "Ich glaube nicht, dass er das schafft."
Zwei Stunden lang hatten Nikki Haley und Ron DeSantis am Mittwochabend miteinander diskutiert. Die meiste Zeit über haben sich die beiden vorgeworfen, sie würden lügen. Immer wieder sagte Haley, die Zuschauerinnen und Zuschauer sollten eine bestimmte Webseite aufrufen: desantislies.com – DeSantis lügt, Punkt com. Sie hat das so oft wiederholt, bis es unfreiwillig komisch wirkte, selbst der genervte DeSantis musste da irgendwann schmunzeln.
Nikki Haley, Ron DeSantis und die Wahrheit
Und dann kam der Moment, in dem die beiden zusammen gegen Trump argumentierten. Sie haben einfach gesagt, was ist: Dass Trump die vergangene Wahl verloren hat, dass er wohl vor Gericht muss und dass all das für ihn wohl extrem schwierig werden dürfte. Es sind Wahrheiten – Wahrheiten, gegen die Trump ankämpft. Denn er will die republikanische Basis davon überzeugen, dass er trotz allem wieder ins Weiße Haus geschickt werden sollte.
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Laut aktuellen Umfragen darf er sich Hoffnungen machen, erneut von den Republikanern als Präsidentschaftskandidat nominiert zu werden. In Iowa, wo am kommenden Montag die erste Vorwahl der Republikaner stattfindet, liegt Trump mit weitem Abstand vorne. Haley und DeSantis kämpfen abgeschlagen um den zweiten Platz.
DeSantis wollte die Evangelikalen für sich gewinnen
Ursprünglich hatte DeSantis seine gesamte Präsidentschaftskandidatur darauf ausgelegt, in Iowa zu gewinnen. In dem Agrarstaat leben viele evangelikale Christen, eine der wichtigsten gesellschaftlichen Gruppen für die Republikaner. DeSantis wollte die Evangelikalen für sich gewinnen, indem er sich als der bessere Trump präsentierte. Jemand, der ähnliche Ziele verfolgt, aber gemäßigter im Ton auftritt. Das hat nicht funktioniert. Und wenn es DeSantis in Iowa nicht auf den zweiten Platz schaffen sollte, dürfte seine Kandidatur wohl in kurzer Zeit vorbei sein.
Bei Nikki Haley ist das anders. Sie spricht eher mittige Republikaner an, für sie geht es lediglich um ein solides Ergebnis in Iowa. Käme die 51-Jährige dort tatsächlich auf den zweiten Platz, würde ihr das medialen Rückenwind für die nächste Vorwahl in New Hampshire am 22. Januar geben. Laut einer aktuellen CNN-Umfrage kommt Trump dort auf 39 Prozent, Haley auf 32 Prozent und Chris Christie auf zwölf Prozent. Am Mittwochabend hatte letzterer bekanntgegeben, dass er aus dem Rennen um die Präsidentschaftskandidatur aussteigt. Christie hatte einen reinen Anti-Trump-Wahlkampf gemacht. Nicht alle, aber viele seiner Unterstützer dürften nun zu Haley wechseln. Haley hofft, dass mit einem Sieg in New Hampshire ein Stimmungswechsel einsetzt – weg von Trump, hin zu ihr.
Trump will "einen Tag wie ein Diktator agieren"
Während sich Haley und DeSantis auf CNN angifteten, saß Trump bei der Konkurrenz von Fox News und stellte sich den Fragen von Bürgerinnen und Bürgern. Er wiederholte seine Aussage, er wolle für einen Tag wie ein Diktator agieren. Er beschuldigte Joe Biden für den Ukraine-Krieg verantwortlich zu sein, nicht Wladimir Putin. Und Trump feierte sich dafür, dass das Recht auf Abtreibung auf Bundesebene gekippt wurde.
Trump sagte, was er immer sagt. Nikki Haley aber probierte es mit einer für sie neuen Formulierung. "Make America Proud Again", forderte sie. Amerika wieder stolz machen in Anlehnung an Trumps "Make America Great Again".
Was sie offenbar nicht wusste: "Make America Proud Again" ist ebenfalls eine Trump-Formulierung.