Wien Österreichs Kanzler Faymann tritt zurück

Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann ist zurückgetreten. Der starke Rückhalt innerhalb seiner Partei sei verloren gegangen, begründete der SPÖ-Vorsitzende den Schritt.

Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann ist von allen Ämtern zurückgetreten. Der Vorsitzende der sozialdemokratischen Partei SPÖ zog damit die Konsequenzen aus dem mangelnden Rückhalt in seiner Partei und deren schlechtem Abschneiden in der ersten Runde der Bundespräsidentenwahl vor zwei Wochen. "Dieses Land braucht einen Kanzler, wo die Partei voll hinter ihm steht. Die Regierung braucht einen Neustart mit Kraft. Wer diesen Rückhalt nicht hat, kann diese Aufgabe nicht leisten", sagte Faymann zur Begründung.

Faymanns Regierungskoalition steht seit langem massiv unter Druck, die Umfragewerte für seine SPÖ und die mitregierende konservative Volkspartei ÖVP sind seit Monaten im Sinkflug. Zuletzt wiesen Erhebungen die rechtspopulistische FPÖ deutlich als stärkste Partei aus. 

Im ersten Durchgang der Präsidentschaftswahl am 24. April hatten rund 35 Prozent der Wähler für den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer gestimmt - vor allem als Reaktion auf die Flüchtlingskrise. In die Stichwahl am 22. Mai geht Hofer als Favorit, die Kandidaten von SPÖ und ÖVP schieden mit 11,3 beziehungsweise 11,2 Prozent schon im ersten Durchgang aus.

Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik

Faymann ist seit Anfang Dezember 2008 österreichischer Bundeskanzler. Österreich habe nach der schwierigen Phase der Finanzkrise im vergangenen Jahr den Flüchtlingansturm zu bewältigen gehabt, sagte er. Dies habe Österreich gut gemeistert. Er verteidigte erneut das Ende der "Willkommens-Kultur" und die zunehmend restriktivere Flüchtlingspolitik des Landes. "Es wäre verantwortungslos gewesen, nicht auch eigene Maßnahmen zu setzen."

Faymann, der in einer Koalition mit der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) regierte, hatte in der Flüchtlingskrise eine Kehrtwende gemacht und die Grenzen des Landes weitgehend geschlossen. Er stellte sich damit in eine Linie mit den Balkanstaaten, was auch zu Verstimmungen mit der Bundesregierung führte. Faymann stand auf der einen Seite unter Druck von Seiten der FPÖ, die gegen die massenhafte Einwanderung Front machte. Auf der anderen Seite wurde Faymann aber auch innerhalb seiner Partei vom linken Flügel kritisiert. Besonders umstritten war, welche Formen der Zusammenarbeit mit der FPÖ es geben solle.

Der österreichische Vizekanzler und Parteichef der ÖVP, Reinhold Mitterlehner, soll nun interimistisch als Kanzler ernannt werden. Wiens Bürgermeister Michael Häupl soll vorerst die Parteiführung übernehmen.

Neben den Folgen der Flüchtlingskrise fürchten viele Österreicher auch einen wirtschaftlichen Niedergang. Die Koalition aus Sozialdemokraten und der konservativen ÖVP hat Abhilfe versprochen. "Das ist ein Warnsignal an die Regierung. Krempelt endlich die Ärmel auf. Und tut etwas gegen die Arbeitslosigkeit und die steigende Zahl von Menschen, die nicht von ihrer Arbeit leben können", hatte Faymann nach der ersten Runde der Präsidentenwahl dem "Kurier" gesagt. 

AFP · DPA · Reuters
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