Palästina Abbas palästinensischer Regierungschef

Das Palästinenser-Parlament hat das Kabinett des ersten Ministerpräsidenten der Palästinenser-Regierung, Mahmud Abbas, bestätigt und damit eine Voraussetzung der USA zur Vorlage eines Friedensplans erfüllt.

Nach wochenlangem Tauziehen hat das palästinensische Parlament am Dienstagabend dem ersten Ministerpräsidenten der Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, das Vertrauen ausgesprochen. Nach fast vierstündiger Debatte, in der Abbas zum Teil heftig kritisiert wurde, stimmten 51 der anwesenden 72 Abgeordneten mit "Ja", 18 Parlamentarier votierten gegen seine Ernennung und das von ihm vorgestellte Kabinett.

Abbas war Mitte März von Palästinenserpräsident Jassir Arafat unter starkem internationalen Druck zum ersten Regierungschef der Autonomiebehörde bestellt worden. Abbas, der Stellvertreter Arafats ist, konnte sein Kabinett jedoch erst nach langem Tauziehen mit Arafat in der vergangenen Woche präsentieren.

In seiner Antrittsrede hatte Abbas am Mittag ein entschiedenes Vorgehen gegen palästinensische Extremisten angekündigt. Gleichzeitig forderte er von Israel eine Beendigung der seit 35 Jahren andauernden Besetzung. Die USA und die übrigen Mitglieder des so genannten Nahost-Quartetts (EU, Russland und Vereinte Nationen) müssten jetzt mit der präzisen Umsetzung ihres Nahost-Friedensplans beginnen, den Washington möglicherweise bereits am Mittwoch veröffentlichen wird. Die Extremistengruppen Hamas und Islamischer Dschihad kündigten trotz der Warnungen Abbas’ eine Fortsetzung ihres "bewaffneten Kampfes" gegen die Besetzung an.

Der israelische Außenminister Silwan Schalom nannte die Rede von Abbas "einen guten Anfang". Die oppositionelle Arbeitspartei sprach von einer "ausgestreckten Hand", die Ministerpräsident Ariel Scharon nicht ausschlagen dürfe. Ein Regierungssprecher meinte dagegen, man wolle vor einem Urteil über Abbas "zunächst Taten sehen".

Ungeachtet der auf Ausgleich bedachten Rede von Abbas töteten israelische Truppen im südlichen Gazastreifen am Dienstag wieder einen mutmaßlichen palästinensischen Extremisten bei einem Hubschrauberangriff. Am Morgen hatten Soldaten bei Bethlehem zwei Palästinenser erschossen. Bei dem Raketenangriff in der Stadt Chan Junis wurde ein unbeteiligter Bauer auf seinem Esel tödlich verletzt.

Abbas legte vor den Abgeordneten den Schwerpunkt seiner künftigen Arbeit erwartungsgemäß auf die Bekämpfung der Gewalt. "Wir verurteilen jede Form des Terrorismus, von welcher Seite er auch ausgehen mag", rief er an die Adresse der Extremisten. Die Gewalt widerspreche nicht nur "unseren religiösen und moralischen Traditionen. Wir sind auch überzeugt, dass sie unserer gerechten Sache nicht dient, sondern sie zerstört."

Abbas hatte die bewaffnete Intifada gegen Israel praktisch von ihrem Beginn vor 31 Monaten an verurteilt. "Unsere fundamentalste Aufgabe wird es sein, das bewaffnete Chaos zu beenden", bekräftigte er. Der Sprecher der radikalen Hamas-Organisation, Abdel Asis Rantisi, lehnte die Entwaffnung der Extremisten jedoch entscheiden ab.

Abbas forderte in seine Rede aber auch die vollständige Beendigung der israelischen Besetzung und eine Umsetzung des internationalen Nahost-Friedensplans ohne weitere Verhandlungen über israelische Änderungswünsche. "Über den Plan wird nicht verhandelt", bekräftigte er, "dieser Plan muss umgesetzt werden." Gleichzeitig kündigte er Schritte zur Wiederbelebung der zerstörten palästinensischen Wirtschaft an.

An die Adresse Israels sagte Abbas: "Wir leugnen nicht das Leiden der Juden in der Geschichte." Deshalb müssten diese aber auch anerkennen, welche Leiden die Besetzung den Palästinenser zufüge. "Sie haben die Wahl, entweder echten Frieden oder die Fortsetzung von Besatzung und Hass." Die Antrittsrede des neuen Ministerpräsidenten wurde von Demonstrationen zu Gunsten von Palästinenserpräsident Jassir Arafat begleitet.

Nur wenige Stunden vor der historischen Parlamentssitzung waren bei einem gezielten israelischen Hubschrauberangriff im Gazastreifen der Führer der militanten Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), Nidal Salame, und ein unbeteiligter Bauer getötet worden. Bei einer Schießerei bei Bethlehem hatten Soldaten am Morgen zwei Palästinnser erschossen. Arafat verurteilte die Angriffe als Versuch Israels, Fortschritte auf der palästinensischen Seite und die Umsetzung des Friedensplans zu sabotieren.