Dass Papst Benedikt XVI. sein Bedauern über Missverständnisse im Zusammenhang mit seinen Islam-Äußerungen ausgedrückt hat, hat die Wogen des Zorns in der islamischen Welt noch nicht geglättet. Irakische Demonstranten haben aus Protest gegen die Rede von Benedikt XVI. ein Abbild des römisch-katholischen Oberhaupts verbrannt. Zudem ließen sie eine deutsche, eine US-amerikanische und eine israelische Flagge in Flammen aufgehen. "Wir haben den Papst zum Schweigen gebracht", riefen sie und "Nein zur Gewalt".
Zu der Demonstration in der südirakischen Stadt Basra hatten Anhänger des radikal-schiitischen Geistlichen Mahmud al-Hassani aufgerufen. Dieser fordere ein Gerichtsverfahren gegen den Papst und den Vatikan "unter Resolutionen des UN-Sicherheitsrats", sagte Scheich Ahmed Saadi.
"Westen wird besiegt"
Die von Schiiten geführte irakische Regierung hat die Menschen im Land aufgefordert, Ruhe zu bewahren, und ihren Zorn über die Aussagen des Papstes nicht an der christlichen Minderheit auszulassen. Jedoch hat eine militante Gruppe mit engen Kontakten zur al Kaida dem Papst gedroht, berichtet der US-Sender CNN. An ihn gewandt, habe sie einen Krieg gegen den "Diener des Kreuzes" angekündigt. "Wir sagen dem Diener des Kreuzes, dass Du und der Westen besiegt werdet, wie es im Irak, Afghanistan und Tschetschenien der Fall ist", heißt es demnach in einer Erklärung des "Schura-Rates der Mudschahedin" im Internet.
Die Gruppe wird laut Nachrichtenagentur Reuters von der al Kaida im Irak angeführt. "Wir werden das Kreuz zerbrechen und den Wein ausschütten. Gott wird den Muslimen helfen, Rom zu erobern. Gott möge uns befähigen, ihnen ihre Kehle durchzuschneiden", schreibt die Gruppe weiter.
Der Papst hatte in der vergangenen Woche eine Rede über den Islam gehalten, die in der moslemischen Welt scharf kritisiert worden war. Am Sonntag drückte das Kirchenoberhaupt sein tiefes Bedauern darüber aus, dass seine Aussagen verletzend gewirkt haben. Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hat Benedikt XVI. unterstützt und seine Hoffnung auf einen Dialog zwischen den Religionen ausgedrückt. "Wer meint, der Papst habe den Islam verunglimpfen wollen, hat seine Worte überhaupt nicht verstanden", erklärte Meisner am Montag in Köln. Es gehe nicht um Gewalt und Islam, sondern grundsätzlich um Gewalt und Religion.
Einen Tag nach der Ermordung einer Nonne in Somalia gab es Spekulationen, die Kontroverse um die Papst-Äußerungen könnte der Funke gewesen sein, der die Tat ausgelöst habe. Die 65-jährige Nonne Leonella war am Sonntag in Mogadischu zusammen mit ihrem Leibwächter auf einer Straße erschossen worden. Sie befand sich auf einem zehn Meter langen Weg von einem Krankenhaus des SOS-Kinderdorfes zu ihrem Kloster, als sie von bewaffneten Männern mit Pistolen angegriffen wurde. "Sie hatte keine Chance", sagte der Regionaldirektor der SOS-Kinderdörfer, Willy Huber. "Es war wie eine Hinrichtung."
Huber, der den Leichnam der Nonne am Montag nach Nairobi übergeführt hatte, sagte, über das Motiv könne er nichts sagen. Die Äußerungen des Papstes könnten aber der Funke dafür gewesen sein, weil es nur einer einzigen Person bedarf, darauf auf diese Weise zu reagieren." Ein Augenzeuge des Mordes, Asche Ahmed Ali, sagte: "Ich bin sicher, dass die Mörder über die Papstrede wütend waren, die unseren Propheten angriff."
Protest in vielen Ländern
Auch in weiteren Ländern halten die muslimischen Proteste an: Der Vorsitzende des türkischen Direktorats für Religiöse Angelegenheiten, Ali Bardakoglu, bezeichnete die päpstliche Entschuldigung als indirekt und unzureichend. Bardakoglu wies darauf hin, dass der Papst am Sonntag nur die Reaktionen in der muslimischen Welt bedauert habe, nicht aber, das Zitat des byzantinischen Kaisers überhaupt verwendet zu haben. Benedikt wird zu einem Besuch vom 28. November bis 1. Dezember in der Türkei erwartet. Der Besuch soll nach Angaben der türkischen Regierung vom Sonntag weiterhin stattfinden.
In Pakistan verbrannten rund 150 Demonstranten in der Stadt Muzaffarabad eine Puppe Benedikts und riefen "Tod dem Papst!" Sie forderten eine volle Entschuldigung. Auch im indischen Unionsland Jammu-Kaschmir riefen Demonstranten "Nieder mit dem Papst!" Ein Aufruf zum Generalstreik aus Protest gegen Benedikts Äußerungen wurde weitgehend befolgt.
In der indonesischen Hauptstadt Jakarta demonstrierten mehrere hundert Menschen gegen den Papst. Der Präsident der Islamischen Vereinigung Chinas, Chen Guangyuan, bezeichnete Benedikts Rede als Beleidigung des Propheten Mohammed und des Islams, wie die amtliche Pekinger Nachrichtenagentur Xinhua meldete. Der französische Staatspräsident Jacques Chirac mahnte jedoch, man solle "alles vermeiden, was Spannungen auslöst".