Autoritär und pragmatisch hat der peruanische Ex-Präsident Alberto Fujimori (63) den Andenstaat mehr als zehn Jahre regiert. Dabei gelang ihm, was Ende der 80er Jahr kaum jemand für möglich hielt: er zwang die maoistischen Rebellen vom Leuchtenden Pfad in die Knie und ließ deren Führer Abimael Guzman auf einer Marinebasis bei Lima in Einzelhaft nehmen.
Mit den Jahren aber geriet der japanischstämmige Staatschef mehr und mehr in die Isolation. Seine Kritiker warfen ihm vor, wichtigste Stütze seiner Macht sei der Geheimdienstchef Vladimiro Montesinos gewesen. Unzweifelhaft hat ihn die graue Eminenz der Macht aber nun gut fünf Monate nach der umstrittenen Wiederwahl zu Fall gebracht. Die Videoaufnahmen von der Zahlung eines Schmiergeldes an einen Oppositionsabgeordneten zum Übertritt in das Regierungslager soll Montesinos selbst aufgenommen haben.
Zu Beginn seiner Laufbahn als Politiker war Fujimori 1990 als »Saubermann« wie aus dem Nichts aufgetaucht und hatte den weltbekannten Schriftsteller Mario Vargas Llosa haushoch geschlagen. Dem pragmatischen Agrarwissenschaftler kam damals seine Herkunft aus der japanischen Minderheit zugute. Besonders die ärmsten Peruaner, die Indios und Campesinos, vertrauten dem Außenseiter eher als den Vertretern der europäisch geprägten Parteiendemokratie.
Der asketisch lebende Fujimori hatte 1990 die Regierung eines Landes übernommen, das kurz vor dem Kollaps stand. Die Wirtschaft war von der Hyperinflation zerrüttet, alle internationalen Kredite eingefroren und die Rebellen vom Leuchtenden Pfad drohten mit der Einkesselung der Hauptstadt Lima. Fujimori erzielte zunächst erstaunliche Erfolge. Doch Kritiker bezeichneten ihn als einen »Demokrator«, der die Demokratie in den Würgegriff genommen habe und nur noch an seinem Machterhalt interessiert sei.
Anklage wegen Mordes
Die peruanische Staatsanwaltschaft hat an diesem Mittwoch nun Anklage wegen Mordes, schwerer Körperverletzung und dem Verschwindenlassen von Personen gegen den geflüchteten Expräsidenten erhoben. Generalstaatsanwältin Nelly Calderon kam damit am Mittwoch (Ortszeit) einem bindenden Auftrag des Parlaments nach. Die Abgeordneten hatten sich am Montag vergangener Woche für eine Anklage des im japanischen Exil lebenden früheren Staatschefs ausgesprochen.
Calderon warf Fujimori vor, Mittäter bei zwei Massakern durch eine Todesschwadron der Militärs Anfang der 90er Jahre gewesen zu sein. Der damalige Präsident sei über zwei Massaker durch diese Gruppe 1991 und 1992 mit insgesamt 25 Toten bis ins Detail informiert gewesen. Außerdem trage er die Verantwortung für den Tod der früheren Geheimdienstmitarbeiterin Mariela Barreto. Deren zerstückelte Leiche war 1997 gefunden worden. Fujimori hat die Vorwürfe bestritten.
Peru hofft, dass Japan auf Grund der schweren Vorwürfe gegen den Ex-Präsidenten, die vom Parlament als Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft worden waren, seine Haltung ändert und Fujimori doch ausliefert. Der frühere peruanische Präsident besitzt jedoch die japanische Staatsbürgerschaft und Japan liefert seine Bürger normalerweise nicht an das Ausland aus. Zwischen Peru und Japan gibt es auch kein Auslieferungsabkommen.
Japan zögert
Der japanische Regierungschef Junichiro Koizumi deutete am Donnerstag vor Journalisten an, dass Japan an seiner grundsätzlichen Position festhalten und Fujimori nicht aushändigen will. »Wir sollten nach japanischen Gesetzen handeln«, wurde Koizumi zitiert. Er wolle sich die Situation gut anschauen und dann entscheiden, sagte er.
In einer Stellungnahme hieß es, Fujimori sei mitverantwortlich für die Verbrechen der Todesschwadron Colina, die Anfang der 90er Jahren mehrere Massaker verübte. Es ist aber unwahrscheinlich, dass Japan den in sein Heimatland geflohenen Fujimori ausliefert oder juristisch zur Verantwortung zieht. Der Oberste Gerichtshof Perus muss die Anklage noch bestätigen.