Massiver Angriff auf Ukraine Polens Armee: Russische Rakete drang vorübergehend in polnischen Luftraum ein

Der polnische Generalstabschef Wieslaw Kukula
Der polnische Generalstabschef Wieslaw Kukula: "Alles deutet darauf hin, dass eine russische Rakete in den polnischen Luftraum eingedrungen ist"
© Mateusz Wlodarczyk/NurPhoto / Imago Images
Am Freitag wurde die Ukraine vom schlimmsten Luftschlag seit Kriegsbeginn getroffen. Eine russische Rakete ist nach polnischen Angaben dabei in Polens Luftraum eingedrungen – und damit auch in Nato-Luftraum.

Eine russische Rakete hat polnischen Armeeangaben zufolge am Freitagmorgen den polnischen Luftraum durchflogen und in Richtung Ukraine wieder verlassen. "Alles deutet darauf hin, dass eine russische Rakete in den polnischen Luftraum eingedrungen ist", sagte der polnische Generalstabschef Wieslaw Kukula vor Journalisten. Die Rakete sei mithilfe eines Radars gesichtet worden und habe den polnischen Luftraum gleich wieder in Richtung Ukraine verlassen. Den Angaben zufolge befand sich die Rakete etwa drei Minuten lang im polnischen Luftraum und überflog dabei 40 Kilometer.

Der Vorfall ereignete sich vor dem Hintergrund einer der heftigsten Angriffswellen der vergangenen Monate. Polens Generalstabchef sagte, man habe in der Nacht die Flugbahn der meisten russischen Raketen verfolgt. Eine von ihnen habe dann die ukrainische Grenze zu Polen überflogen. "Wir haben unsere Flugzeuge angewiesen, sie abzufangen und falls nötig abzuschießen." Dies sei aber wegen der kurzen Zeit und der Art und Weise, wie die Rakete flog, nicht möglich gewesen. Sicherheitshalber würden nun gleichwohl Soldaten im Verlauf der Flugbahn am Boden noch nach eventuellen Trümmern suchen.

Schwerer Luftangriff Russlands auf die Ukraine

Russland bombardierte die Ukraine kurz vor dem Neujahrsfest; landesweit wurden mehr als 20 Menschen getötet und mehr als 130 weitere verletzt. Die ukrainische Führung sprach von massivem "Terror" gegen die Zivilbevölkerung. Bis Freitagnachmittag waren 26 Todesopfer bekannt, 137 Menschen wurden zudem verletzt, wie die regionalen ukrainischen Behörden mitteilten. Tote gab es demnach in Dnipro, Charkiw, Saporischschja, Odessa, Lwiw (Lemberg) und der Hauptstadt Kiew.

Das Militär in Kiew sprach vom "massivsten Luftangriff" auf die Ukraine seit Beginn des Krieges – also seit fast zwei Jahren. Der ukrainischen Luftwaffe zufolge feuerte Russland 158 Raketen und Kampfdrohnen gegen das Land ab. Der ukrainische Oberbefehlshaber Waleryj Saluschnyj sprach von 122 Raketen und Marschflugkörpern sowie von 36 Drohnen. Noch nie seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine gab es demnach solche starken Luftangriffe an einem Tag wie jetzt zum Jahresende.

Die bis dahin höchste offiziell gemeldete Zahl russischer Raketen, die an einem Tag auf die Ukraine abgefeuert worden waren, lag bei mehr als 90. Die Flugabwehr habe diesmal mehr als 70 Prozent der russischen Angriffe abfangen können, sagte Saluschnyj. Die Schläge erfolgten demnach in mehreren Wellen aus verschiedenen Richtungen und unter Einsatz strategischer Bomber.

Rakete schlug schon 2022 in Polen ein

Das Verteidigungsministerium in Moskau kommentierte den Angriff nur am Rande und sprach von einem "massierten Schlag mit Hochpräzisionswaffen und Drohnen". Dieser sei gegen militärische Ziele wie Rüstungsbetriebe, Militärflughäfen und Waffendepots geführt worden. "Alle anvisierten Objekte wurden getroffen", betonte das Ministerium dabei. 

Die Luftschläge gelten als gezielter Versuch der russischen Militärführung, den Widerstand der Ukrainer gegen die von Kremlchef Wladimir Putin befohlene Invasion zu brechen. Immer wieder werden viele Zivilisten Opfer der russischen Angriffe. Auch am Freitag standen viele Wohnhäuser sowie zivile Gebäude in Flammen. Es gab Bilder der Verwüstung. In Kiew mussten laut Bürgermeister Vitali Klitschko Verletzte aus den Trümmern eines getroffenen Gebäudes gezogen werden.

Im November 2022 war in einem polnischen Dorf im Grenzgebiet zur Ukraine eine Rakete eingeschlagen, zwei Zivilisten kamen ums Leben. Der Westen geht davon aus, dass es sich um eine ukrainische Flugabwehrrakete gehandelt hat, die zur Verteidigung gegen russische Angriffe eingesetzt worden war.