Der Chef der nationalkonservativen Opposition in Polen Jaroslaw Kaczynski hat erstmals mit dem Veto seiner Partei gegen das Gesetz zur Ratifizierung des EU-Reformvertrages gedroht. Wenn es nicht zu einem Kompromiss kommen sollte, wären wir gezwungen, gegen den Regierungsentwurf zu stimmen, oder uns zu enthalten, sagte Kaczynski im Parlament in Warschau. "Der PiS-Fraktion droht in dieser Frage keine Spaltung", versicherte der Ex- Regierungschef.
Keine Zwei-Drittel-Mehrheit ohne PiS-Partei
Das Abgeordnetenhaus entschied unterdessen, sofort mit der zweiten Lesung des Gesetzes zu beginnen. Es soll den Präsidenten Lech Kaczynski zur Unterzeichnung des Reformvertrages ermächtigen. Erforderlich ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit, die ohne einen Teil der PiS-Abgeordneten nicht zu erreichen ist. Die Regierungskoalition aus der Bürgerplattform (PO) und der Polnischen Bauernpartei (PSL) sowie das Mitte-Links-Bündnis LiD bestehen auf einer zügigen Ratifizierung. Sie lehnen Änderungen des Gesetzes ab. Der LiD-Vorsitzende Wojciech Olejniczak warnte in einem Fernsehinterview, das Scheitern des Ratifizierungsverfahrens in Polen könne "ernsthafte Krise in Europa auslösen."
Kaczynskis gegen Grundrechte-Charta
Die Änderungswünsche der PiS zielen darauf ab, Polens Status in der EU als souveräner Staat zu unterstreichen. Das soll Kritiker aus dem nationalistisch-katholischen Lager beruhigen. Verhindert werden soll ferner eine spätere Übernahme der Grundrechte-Charta. Bei den Verhandlungen 2007 hatten die Zwillingsbrüder Lech und der frühere Regierungschef Jaroslaw Kaczynski nach britischem Vorbild eine Ausnahmeregelung durchgesetzt, wonach die Grundrechte-Charta für Polen nicht verbindlich ist.